Thesaurus  In seinem Aristotelischen Fernrohr (1665) schlägt Emanuel Thesaurus vor, die Metapher als Möglichkeit zu nutzen, noch unbekannte Beziehungen zwischen den Daten des Wissens zu entdecken. Es geht also darum, ein Repertoire aus bekannten Dingen zu erstellen, bei dessen Durchsicht die metaphorische Phantasie unbekannte Beziehungen herstellen kann. So entwirft Thesaurus die Idee eines Inhaltsverzeichnisses nach Kategorien - ein riesiges Wörterbuch, nicht bloß der äußeren Form nach, denn angesichts der Masse von aufgelisteten Eigenschaften kommt der Verdacht auf, daß es sich nicht auf die angeführten beschränkt. Mit dem typisch barocken Geschmack am Wunderbaren präsentiert Thesaurus sein Inhaltsverzeichnis als »wirklich geheimes Geheimnis«, eine unerschöpfliche Fundgrube für Metaphern und geistreiche Ideen, da Geist nichts anderes ist als die Fähigkeit, »höchst banale Gegenstände unter verschiedenen Kategorien zu erfassen und zueinander in Beziehung zu setzen«, oder die Fähigkeit, Analogien und Ähnlichkeiten zu entdecken, die unbemerkt geblieben wären, wenn jedes Ding nur unter seiner eigenen Kategorie verzeichnet worden wäre. 

Es geht also darum, in einem Buch die zehn aristotelischen Kategorien anzuführen (Substanz und die neun Akzidenzien) unter jeder Kategorie ihre Glieder und unter jedem Glied die darunter fallenden Dinge aufzulisten. Wir können hier nur einige wenige Beispiele aus dem Katalog des Thesaurus anführen (der ständig erweiterbar scheint), aber unter der Kategorie »Substanz« müssen als Glieder die göttlichen Personen aufgeführt werden, die Ideen, die sagenhaften Götter, die Engel, Dämonen und Kobolde; unter dem Glied »Himmel« Sternschnuppen, derTierkreis, Dämpfe, Luft, Meteore, Kometen, Licht, Blitze und Winde; unter dem Glied »Erde« Äcker, Einöden, Berge, Hügel und Felsvorsprünge; unter dem Glied »Körper« Steine, Edelsteine, Metalle, Krauter, unter dem Glied »Mathematik« Globen und Atlanten, Kompasse, Zirkel und so weiter. Ebenso werden unter der Kategorie »Quantität« als »Quantität der Menge unter anderem das Kleine, das Große, das Lange und das Kurze aufgeführt und unter »Quantität des Gewichts« das Schwere und das Leichte. In der Kategorie »Qualität« wird unter »Qualität des Sehens« angeführt das Sichtbare und das Unsichtbare, das Scheinbare, das Schöne und das Unförmige das Helle und das Dunkle, Schwarz und Weiß; unter dem »Geruchssinn« der angenehme Duft und der Gestank - und so weiter, durch sämtliche Kategorien von Relation, Ort, Zeit, Lage, Besitzen, Bewirken und Erleiden hindurch. Betrachtet man alsdann die Dinge, die unter diese Glieder fallen, so findet man unter der Kategorie »Quantität« im Glied »Quantität der Menge« unter den »Kleinen Dingen« den Engel, der auf einem Punkt steht, körperlose Formen, den Pol als unbeweglichen Punkt der Sphäre, Zenit und Nadir; unter den »Elementaren Dingen« den Feuerfunken, den Wassertropfen, das Steinchen, das Sandkorn, den Edelstein und das Atom; unter den »Menschlichen Dingen« den Embryo, den Abort, den Pygmäen und den Zwerg; unter den »Tieren« die Ameise und den Floh; unter den »Pflanzen« das Senfkorn und die Brotkrume; unter den »Wissenschaften« den mathematischen Punkt und unter der »Architektur« die Spitze der Pyramide.  - (eco)

Thesaurus (2) Caspar Schott berichtet in seiner Technica curiosa (1664) und Joco-seriorum naturae et artis sive magiae naturalis centuriae tres (1655) über ein Werk aus dem Jahr 1653. Der Name des Autors ist ihm angeblich entfallen, er soll in Rom ein Artificium vorgestellt haben, das 44 Grundkategorien vorsah, die es sich vollständig aufzuzählen lohnt; in Klammern werden jeweils einige Beispiele genannt: 1. Elemente (Feuer,Wind, Rauch, Asche, Hölle, Fegefeuer und Mittelpunkt der Erde). 2. Himmlische Wesenheiten (Gestirne, Blitze, Regenbogen). 3. Intellektuelle Wesenheiten (Gott, Jesus, Rede, Meinung, Verdacht, Seele, List oder Gespenst). 4. Säkulare Stände (Kaiser, Barone, Volk). 5. Geistliche Stände. 6. Handwerker (Maler oder Seemann). 7. Instrumente. 8. Affekte (Liebe, Gerechtigkeit, Wollust). 9. Religion. 10. Sakrament der Beichte. 11 Gericht. 12. Armee. 13. Medizin (Arzt, Hunger, Klistier). 14. Unverständige Tiere. 15. Vögel. 16. Reptilien und Fische. 17.Teile von Tieren. 18. Gerätschaften. 19. Speisen. 20. Getränke und Flüssigkeiten (Wein, Bier, Wasser, Butter, Wachs, Harz). 21. Kleidungsstücke. 22. Seidenstoffe. 23. Wolle. 24. Tuch und andere Webstoffe. 25. Schiffahrt und Aromen (Schiff, Zimt, Anker, Schokolade). 26. Metalle und Münzen. 27. Verschiedene Artefakte. 28. Steine. 29. Schmuck. 30. Bäume und Früchte. 31. Öffentliche Orte. 32. Gewichte und Maße. 33. Zahlen. 34. Zeit.35. - 42. Nomen, Adjektive, Verben,  Adverbien, Präpositionen, usw. 43. Personen (Pronomen, Anredeformen wie Seine Eminenz der Hochwürdigste Herr Kardinal).44. Bewegliches (Heu, Straße, Dieb).  - (eco)
 
 

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