Theodizee (2) TEOFILO. Das Universum
ist nichts als ein Schatten der ersten Wirklichkeit und des ersten Vermögens,
und insofern sind in ihm Vermögen und Wirklichkeit nicht absolut dasselbe, denn
keiner seiner Teile ist alles, was er sein kann. Andererseits Ist das Universum
in dem besonderen oben bezeichneten Sinne alles, was es sein kann, und zwar
auf eine entfaltete, zerstreute und unterschiedene Weise. Sem Prinzip dagegen
ist dies auf eine einheitliche und unterschiedslose Art, denn Alles ist Alles
und ein und dasselbe auf absolut einfache Weise ohne allen Unterschied.
DICSONO.
Wie aber könnt Ihr den Tod erklären, die Verwesung,
die Mängel, die Gebrechen und die Mißbildungen? Meint Ihr, daß auch sie ihren
Ort innerhalb dessen haben, was alles ist, was es sein kann und was alles das
in Wirklichkeit ist, was es seinem Vermögen nach ist.
TEOFILO. Diese Dinge
sind nicht Wirklichkeit und Vermögen, sondern Mangel und Unvermögen, die sich
in den entfalteten Einzeldingen finden, da diese nicht alles sind, was sie sein
können und zu dem, was sie sein können, gezwungen werden. Da sie nun nicht zugleich
und auf einmal vielerlei sein können, müssen sie das eine Sein verlieren, um
das andere zu erlangen; dann vermischt sich zuweilen das eine Sem mit dem anderen,
und es entstehen Fehler, Mängel
und Mißbildungen, weil sich das eine Sein nicht mit
dem anderen verträgt, während beide zugleich die Materie beanspruchen. -
Giordano Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine. Stuttgart 1986 (zuerst
1584)
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