ext,
falscher
Man könnte annehmen, daß es keinen Typographen gebe, keinen wahrhaftigen
Text, sondern einen einzigen Text, nämlich den falschen. Der aussichselbstgebildete
und sichselbstbildende Text wäre nichts als eine unbegrenzte Lüge, die sich
im Raum eingenistet hat, und rund um diesen Hohn, diese Posse, kreise die unendliche
morphologische und syntaktische Aufregung des Kommentators, in der erklärterweise
linguistischen und in der mittelbaren Form. Der vorgebliche Text wäre also ein
Nicht-Sein, aber ein absichtliches, ein Nichts, das man als Text auserkoren,
da es doch als Text falsch ist und daher, soweit Text, das Nichts zelebriert.
Dies ist verfängliches Argumentieren, aber nicht unsinnig: es erkennt sehr wohl
eine innewohnende Boshaftigkeit in diesem Trug oder Scherz, der sich aber vom
Nichts nicht abhebt, Dann aber würde dieser Trug nicht nur uns allein, sondern
auch sich selbst betrügen: in der Tat, falls das Nichts sich boshafterweise
die Form des Textes ausgesucht hat, und dieser Text nun das Zentrum ist, um
welches jetzt der andere, unfreiwillige Trug unserer getrogenen Kommentare kreist;
wenn er also nicht kohärent sein kann, da ihm die Kohärenz des Kommentars auferlegt
ist, wird er auf seine Weise wahrhaftig sein, da es keinen Vergleichsterminus,
sofern dieser wahr ist, gibt, der ihn der Lüge zeiht; immer unter Annahme, daß
das textliche Nichts und darüber hinaus das ganze System von Text und Kommentar,
in einem anderen System vorgestellt, denn sonst wären sie überhaupt nicht vorstellbar,
nichts anderes sein können, als was sie tatsächlich sind, lügenhaft. Nehmen
wir immerhin an, daß das Nichts nicht absichtlicher Natur sei, sondern ein Druckfehler,
ein Zwiebelfisch, von so wesentlicher und kompakter Art, daß es zum Zentrum
unserer gelehrten und hingebungsvollen Phantasie wurde! Dann aber wäre dieses
Zentrum nicht Lüge, sondern Illusion oder, schlicht, ein Irrtum, und die Kommentare
wären dem Kern nach exakt, und unbegründet nur insofern als einem Irrtum zugehörig.
In leichter Abwandlung könnte man jedoch auch vermuten, daß dieser zentrale
Punkt, den wir andernorts Nichts nannten, nur aus der Tatsache entsprang, daß
die menschlichen oder nichtmenschlichen Kommentare sich konzentrisch angeordnet
und einen Raum rings um einen Punkt eingenommen haben, der also ganz zufälligerweise
mit einer geradezu lachhaften und unbegründeten Bedeutung befrachtet wurde.
In der Tat, Nichts und Nullen hat es immer gegeben, niemals aber fürwahr ein
Nichts, das man so ernst genommen hätte! - Giorgio Manganelli, Omegabet. Frankfurt
am Main 1988 (zuerst 1969)
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