estament    Ich verbiete, daß mein Leichnam geöffnet werde, unter welchem Vorwand es auch immer sei; ich ersuche mit allem Nachdruck, ihn achtundvierzig Stunden lang in dem Zimmer zu belassen, in dem ich sterbe, und zwar in einem offenen Holzsarg, der erst nach den oben vorgeschriebenen achtundvierzig Stunden zugenagelt werden darf. In der Zwischenzeit soll ein Eilbote zu Herrn Lenormand, Holzfäller, Boulevard d'Egalite Nr. 101, Versailles, geschickt werden, um ihn zu bitten, persönlich mit einem Wagen hierherzukommen, um meinen Leichnam abzuholen, den er mit besagtem Wagen in den Wald meines Gutes Malmaison, Gemeinde Emance bei Epernon, bringen soll. In dem besagten Wald soll mein Leib ohne jede Zeremonie im ersten Unterholz rechts, wenn man vom ehemaligen Schloß durch die Allee kommt, beigesetzt werden. Das Grab soll von Bauern in Malmaison unter der Aufsicht von Lenormand ausgehoben werden, der meine sterblichen Überreste erst verlassen wird, wenn sie in besagtem Grab liegen. Wenn er will, kann er sich dabei von denjenigen meiner Verwandten und Freunde begleiten lassen, die gewillt sind, mir ohne jeden Aufwand dieses letzte Zeichen von Anhänglichkeit zu erweisen. Nachdem die Grube zugedeckt ist, sollen Eicheln gesät werden, damit das Stück Erde über besagter Grube wieder bewachsen und das Unterholz wieder ebenso dicht wird wie zuvor, so daß die Spuren meines Grabes von der Erdoberfläche verschwinden, wie ich mir schmeichle, daß die Erinnerung an mich aus dem Geist der Menschen ausgelöscht werden wird, mit Ausnahme der wenigen, die mich bis zum letzten Augenblick geliebt haben und an die ich eine sehr zärtliche Erinnerung mit ins Grab nehme.

Ausgefertigt in Charenton-Saint-Maurice, im Vollbesitz seiner geistigen und körperlichen Kräfte, am 30. Januar 1806. Gezeichnet: D.-A.-F. Sade. - Marquis de Sade, nach (hum)

Testament (2) Wenn ich sterbe, sollen diejenigen, die meinen Besitz erben, Folgendes beachten:

1. Diejenigen, die meinen Leichnam aufbahren, sollen gute Muslime sein, denn das wird mich Gott und seiner Vergebung empfehlen.
2. Diejenigen, die meinen Leichnam aufbahren, sollen mir die Augen schließen und beten, daß ich zum Himmel aufsteige, sie sollen mir neue Kleider geben und mich nicht in jenen lassen, in denen ich starb.
3. Niemand soll meinetwegen weinen, schreien oder gar seine Kleider zerreißen und sein Gesicht schlagen - das sind törichte Gesten.
4. Niemand, der in der Vergangenheit nicht mit mir auskam, soll mich nach meinem Tod besuchen, küssen oder von mir Abschied nehmen.
5. Weder schwangere Frauen noch unreine Personen sollen von mir Abschied nehmen - das lehne ich ab.
6. Frauen sollen nicht für meinen Tod Abbitte leisten. Ich bin nicht verantwortlich für Tieropfer vor meinem aufgebahrten Leichnam - das widerspricht den Lehren des Islam.
7. Diejenigen, die Totenwache halten, sollten Gottes gedenken und beten, daß ich bei den Engeln bin.
8. Jene, die meinen Leichnam waschen, sollen gute Muslime sein. Es sollten auch nicht zu viele Leute sein, es sei denn, es wäre unbedingt notwendig.
9. Derjenige, der meinen Körper rund um meine Genitalien wäscht, sollte Handschuhe tragen, damit ich dort nicht berührt werde.
10. Die Totenkleider sollen aus drei Stücken weißen Tuches sein, aber nicht aus Seide oder anderweitig teurem Material.
11. Frauen sollen weder bei der Beerdigung zugegen sein noch irgendwann später sich an meinem Grab einfinden.
12. Die Beerdigung soll leise vonstatten gehen, denn Gott hat gesagt, daß er bei drei Anlässen Ruhe schätzt: bei der Lektüre des Koran, bei Begräbnissen und wenn man sich beim Gebet zu Boden wirft. Die Beerdigung soll schnell erfolgen, im Beisein von vielen Menschen, die für mich beten.
13. Bei der Grablegung sollte ich zusammen mit guten Muslimen bestattet werden, das Gesicht gen Mekka.
14. Ich will auf meiner rechten Seite liegen. Dreimal soll Erde auf meinen Körper geworfen werden, mit dem Spruch: "Du kommst aus Staub, bist Staub, und zum Staub kehrst du zurück. Und aus dem Staub wird ein neuer Mensch entstehen". Danach soll jeder Gottes Namen rufen und bezeugen, daß ich als Muslim starb, im Glauben an Gottes Religion. Alle, die an meiner Beerdigung teilnehmen, sollen für mich um Vergebung bitten.
15. Eine Stunde sollen die Menschen an meinem Grab zubringen, auf daß ich ihre Gesellschaft genießen kann; ein Tieropfer soll erfolgen, das Fleisch an die Bedürftigen verteilt werden.
16. Es gibt die Sitte, alle 40 Tage oder einmal jährlich der Toten zu gedenken. Das möchte ich nicht, den es entspricht nicht den islamischen Gebräuchen.
17. Bei der Beerdigung sollte niemand Sprüche auf Papier nierderschreiben, die man dann als Talisman in der Tasche herumträgt. Das ist ein Aberglaube. Besser sollte die Zeit genutzt werden, um zu Gott zu beten.
18. Das Vermögen, das ich zurücklasse, soll nach den Regeln der islamischen Religion aufgeteilt werden - so wie der allmächtige Gott es uns aufgetragen hat: Ein Drittel für die Armen und Bedürftigen. Meine Bücher sollen in den Besitz einer Moschee übergehen. Jene, die mein Testament vollstrecken, sollten Führer der Sunniten sein. Wer immer es ist, er sollte aus der Gegend stammen, in der ich groß wurde, oder ein Mensch, dem ich beim Gebet folgte. Sollte die Zeremonie nicht dem islamischen Glauben folgen, werden die Betroffenen dafür zur Verantwortung gezogen. Diejenigen, die ich zurücklasse, sollen gottesfürchtig sein und sich nicht vor den Dingen, die das Leben bietet, etwas vorgaukeln lassen. - Mohammed Atta 1996 (nach: Der Spiegel 40/2001)

Testament (3) Ich bitte Sie, wenn Ladislav Klíma seinen sechsjährigen Bruder zitiert, der, als er todkrank war, »Ich scheiß was auf dieses beschissene Scheißleben« sagte und dann starb, wie sollte ich noch besser oder stärker oder schlechter drauf scheißen? Für den Fall meines Ablebens verfüge ich folgendes: Erstens, wenn es soweit ist, wird das Bestattungsinstitut angerufen, und nachdem die Verbindung hergestellt ist und mein Testamentsvollstrecker sich vorgestellt hat, sagt er: Chef, kommen Sie ein Aas abholen. Zweitens, das Aas wird in einen schäbigen Pyjama gekleidet. Drittens, meine Füße werden in zerrissene Socken gesteckt, weil man den ganzen Rest auf dem Trödelmarkt verkaufen kann. Viertens, über meine Verwandlung in ein Aas wird weder in Form einer Todesanzeige noch einer Zeitungsmeldung informiert. Fünftens, ich werde ohne Kremationsgeleit der Familie oder der Öffentlichkeit eingeäschert. Sechstens, meine Überreste in Aschenform werden ohne Anteilnahme der Nächsten an einem besonders abgelegenen Ort verstreut. In aller Stille, am liebsten in der Nacht... Das sagte Herr Professor Trapi, und wenigstens ist dies eine Tat in Worten, die einem Manne zur Zierde gereicht... - (hra2)

Testament (4)

Letztwillige Bitten
für den Fall meines Todes

Alle meine Freunde wissen, daß ich nichts, was heilig ist auf Erden, verraten habe. Seit meinem bewußten Denken und Fühlen denke ich über menschliche Ehre und Würde genau wie heute, jede Sekunde bei Tag und Nacht.

Darum hätte ich am liebsten bei meinem Begräbnis nur Menschen, die mit meiner Weltanschauung übereinstimmen. Ich kann aber nicht verhindern, wenn ich tot bin, daß Feinde meiner Grundgesinnung, wie sie in meinen Schriften, sonderlich in den sieben gedruckten und weiter in meinen unveröffentlichten Gedichtbänden aufgezeichnet ist, an meiner Bestattung teilnehmen; ich habe die Genugtuung, daß sie den Leichnam nicht schänden können, wie sie den Lebenden oft und oft geschändet haben.

Aber ich habe an meine wahren Freunde die einzige, sie schwer belastende Bitte: nicht mein Andenken besudeln zu lassen und jedem entgegenzutreten, der etwa behaupten wollte, ich sei an dieser oder jener Krankheit gestorben, etwa an meinem Herzleiden, einer Erkältung oder was es sein mag, weil eine jegliche Krankheit, selbst jede Disposition zu einem Unglücksfall, durch die feindlichen Handlungen und Anschauungen veranlaßt worden ist in langen Jahren.

Das Begräbnis soll so ärmlich wie möglich sein. Die Kosten werden meine jetzigen oder früheren Arbeitgeber vielleicht auslegen; Verkäufe aus der mir verbliebenen Habe werden sie decken, falls nicht ein rapides Absinken erfolgt.

Nur, wer es willig tut, mag mir ans Grab folgen; das Grab später zu besuchen ist überflüssig. Wer in den Grundgesinnungen mit mir nicht übereinstimmt, soll mir, solange er lebt, keinen Gedanken mehr widmen. Denn es hilft keinem Lebenden, einen Toten zu beleidigen.

Kein Geistlicher soll mir eine Nachrede halten, sofern es nicht Pfarrer Arthur Rackwitz sein kann, der Schwager von Jacubeits. Die alttestamentarischen Aussegnungen genügen vollauf.

Es soll mir nicht etwa ein Denkstein errichtet werden. Wozu sollte dieser dienen? Die meiner in Freundlichkeit gedacht haben, werden es weiter tun, und für ein stolzes Denkmal habe ich selbst durch meine Dichtungen gesorgt: sind die meisten Mitmenschen aus meinem Volke daran gleichgültig, achtlos, zuweilen hämisch vorbeigegangen, wie sollte ein Stein daran etwas ändern? Ist es den wahren Freunden ein Bedürfnis, so mögen sie später, nach Wochen oder Monaten, eine Gedenkstunde für mich veranstalten, in kleinem Kreise, in irgend einer geeigneten Wohnung. Dafür hätte ich die folgenden, unschwer zu erfüllenden Bitten: auf dem Klaviere könnte jemand zu meinem Gedächtnis das »Benedictus« aus der f-moll-Messe von Bruckner spielen. Ein zweihändiger leichter Auszug, auch die Partitur, befindet sich unter meinen Noten. Will man ein Übriges tun, so spiele man das Adagio oder gar die gesamten drei vorhandenen Sätze der Neunten Symphonie von Bruckner: darin ist alles Glück, Geheimnis und Leid dieser Welt enthalten. Eine zweihändige und eine vierhändige Bearbeitung, desgleichen die Partitur findet sich ebenfalls in meinem Notenbestande. Ich weiß genau, daß die Musik Bachs die größte auf Erden ist, ich weiß ebenso genau, daß ich die Musik Bruckners zeitlebens am meisten geliebt habe. Singt außerdem Helene Grell irgendetwas von mir so sehr innig Verehrtes von Schubert oder Hugo Wolf, so bin ich gleichsam nicht abgeschieden. Drei meiner Gedichte mögen eingefügt werden, und zwar Pansmusik, das Jesus-Gedicht aus dem Steinpfad (Nr. 10, S. 14 des Manuskriptdruckes) und Die späte Reise aus dem »Kärntner Sommer«. Wohl denen für die Zeit ihres Erdenwandels, die meine Wünsche achten!

Berlin-Frohnau, den 6. Februar 1940 - Oskar Loerke, Tagebücher 1903 - 1939. Frankfurt am Main 1986 (st 1242)

Testament (5) Ein Advokat, der am Ende seines Lebens fast eine Unruhe des Gewissens darüber empfand, daß ihn sein Beruf so reich gemacht hatte, stiftete sein ganzes schönes Vermögen in das Narren- oder Tollhaus. Aus Achtung für so manchen verständigen und rechtlichen geneigten Leser der aus rechter Überzeugung und Pflicht, in einen Prozeß verwickelt sein kann, will der Hausfreund nicht verraten, was der Advokat für eine Beruhigung darin gefunden habe. Auch kann sich der Advokat geirrt haben, aber er meinte wenigstens, es sei billig. - (hebel)

Testament (6)

Vermächtnis

Nun mein Leben geht zu End,
Mach ich auch mein Testament.
Christlich will ich drin bedenken
Meine Feinde mit Geschenken.

Diese würdgen, tugendfesten
Widersacher sollen erben
All mein Siechtum und Verderben,
Meine sämtlichen Gebresten

Ich vermach euch die Koliken,
Die den Bauch wie Zangen zwicken,
Harnbeschwerden, die perfiden
Preußischen Hämorrhoiden.

Meine Krämpfe sollt ihr haben,
Speichelfluß und Gliederzucken,
Knochendarre in dem Rucken
Lauter schöne Gottesgaben.

Kodizill zu dem Vermächtnis:
In Vergessenheit versenken
Soll der Herr eur Angedenken.
Er vertilge eur Gedächtnis.

- Heinrich Heine, Romanzero

Testament (7) Man erinnert sich zweifellos des Grafen von Mirandola, der, als er 1825 in Lucca starb, sein gesamtes Vermögen einem Karpfen vermachte, den er seit zwanzig Jahren in einem Wasserbecken hielt.

Die Witwe von Adam Dupuis, sieur de Roquemont, hinterließ ihr gewaltiges Vermögen ihren sechsunddreißig Katzen, wobei sie [im Testament] aufs sorgfältigste die Art und Weise der Zubereitung ihres Futters vorschrieb.

Bevor er stirbt, lässt Lord Bekkey [sic!] seine vier Hunde rufen, die es sich in den Sesseln um sein Bett bequem machen, entbietet ihnen sein Lebewohl, nimmt ihre letzten Liebkosungen entgegen und gibt bei währendem Gebell die Seele auf. In seinem Testament hinterlässt er ihnen sein gesamtes Hab und Gut und verfügt, dass ihre Marmorbüsten an den vier Ecken seines Grabmals aufgestellt werden sollen.

Man begegnet Leuten, die nicht ernst sein können, nicht einmal angesichts des Todes. Ein Beweis dafür ist der chevalier du Châtelet, der seinen letzten Willen folgendermaßen formulierte: "Ich will, dass mein Grab an einem der Pfeiler der Kirche von Neufchâteau ausgehoben werden soll, damit mir die Bauern nicht über den Bauch trampeln. Was mein Hab und Gut angeht, so bedaure ich zutiefst, es nicht mitnehmen zu können; ich hinterlasse es meinem Neffen, der ja schließlich alle wünschenswerten Laster hat."  - Nach (sot)

Testament (8)  Im Falle meines - plötzlichen oder baldigen - Ablebens wünsche ich, Sophia Grieve Alexson, geborene Ryder- nachdem eine angemessene Zeit abgelaufen sein wird, darin meine Freunde eintreten, vorbeischreiten und fortgehen, in ihrem Kummer, ernsthaft und weniger kratzbürstig -, in einem tiefen, leicht abschüssigen, wohlausgehobenen Abschnitt des Friedhofs »Zur Lieben Vernunft« beigesetzt und begraben zu werden.

Der Sarg sei aus poliertem Buchsbaum, mit konvexem Deckel (wie später erläutert), sechs Fuß sechs lang, drei Fuß breit und mit einer Tiefe von fünf Fuß, der obere Teil des leicht konvexen Deckels mit Angeln befestigt, darin schweres, am Rand geschliffenes Spiegelglas eingesetzt, darunter ein Schnörkel aus Silberarbeit, die Initialen meiner selbst und meines Gatten, Alex Rudolph Alexson, eingeätzt. Auf dem Sarg, oben und an den Seiten, ein Mäanderornament, tief eingeschnitzt, mit den Darstellungen von Kelch, Staubfäden und Stempel, sowie säuberlich ungeordneten geschlossenen Büchern, mit je einem Fries zu Hä'upten und zu Füßen, welcher die Winde im Glücksspiel mit dem Falken abbildet.

Der Grabstein sei dauerhaft, aber einfach, um dem Efeu und den Eingriffen von Zeit und Wetter zu widerstehen, mit der Inschrift: »Hier liegen Sophia Grieve Alexson und Alex Rudolph Alexson, im Tod wie im Leben nur ein wenig getrennt.«

Dies alles überragend eine griechische oder atheniensische Gestalt, auf eine Tränenurne geneigt, in die Faltungen eines doppelt geschürzten Trauergewandes gehüllt. Die Auslegung unserer einzelnen und gemeinsamen Körper (denn wer will unterstellen, daß wir nicht zur gleichen Stunde sterben?) folgendermaßen: Meine rechte Hand (mit dem herzförmigen Blutjaspis-Ring am Zeigefinger, dem Geschenk des Königs) auf ihn gelegt, der besagte Zeigefinger leicht nach innen gelyümmt und zart berührend, wie der Abendstern auf dem Finger der Dämmerung ruht. Meine linke Hand (umschlossen von dem abgenutzten goldenen Sklavinnenreif) mit der Handfläche nach innen ungefähr auf jenen Teil von ihm gelegt, der * * * * * * * * * *, wie der Abendstern auf dem Finger der Dämmerung ruht. Mein linker Nasenflügel an seinem rechten Nasenflügel, damit unsere Atemzüge, niemals ausgehend, den gleichen Weg haben mögen. Unsere Füße nebeneinander ausgestreckt (doch leider! nicht Fuß neben Fuß, da seine sechs Fuß vier und meine fünf Fuß eins eine solche Möglichkeit ausschließen - so muß ich meinen Vollstreckern versichern, daß dies nicht unserer, sondern der Neigung der Natur entspricht, das unheilbare Mißgeschick, das jene mit einem Zwischen unterscheidet).

Alex, Brust an meiner Brust (Mund, Nase usw. a priori angeordnet, muß es doch dem härtesten Skeptiker von wildest spitzfindelndem Geiste einleuchten, daß es anders nicht sein könnte, ohne Verdrehung und Mißformung der Natur), seine rechte Hand (deren Ringfinger umschlossen von einem Drachen aus bestem Silber, Schwanz und Kopf mit Smaragden besetzt) auf die Hälfte jener Seite gelegt, die nicht sieht, der Zeigefinger (oder der Finger, der insbesondere bezeichnet und gefordert wird, gemäß der Hinterlassenschaft seines überaus guten Geschmacks - und gemäß der Tunlichkeit) * * * berührend, wie der Abendstern auf dem Finger der Dämmerung ruht, die linke Hand mit der Handfläche in * * * * * * * gefegt, wie der Abendstern auf dem Finger der Dämmerung ruht (entsprechend der Anweisung). Zwischen seinem Herzen und meinem sei die Photographie von mir und ihm untergebracht. Jene Photographie, die Alex als edlen Mohren zeigt, eingehüllt in ein doppelt gefüttertes Talma mit isabellenfarbener Samtoberseite, einen Spinnrok-ken (meinen eigenen) haltend, von dem ein wenig Vorgespinst herabhängt. Ich auf baskisch, mit Achselbändern aus Spitze und brasilianischer Litze, im Profil, eine einzige schwankende Nadel über meine Ohrlocken und die verschwenderische jugendliche Mähne herrschend. Auf und um unsere Leiber Ringe, Ohrringe, Armreifen, Halsketten, Koralle wie auch Bernstein (sie werden übereinander nie so gut aussehen), das Rosenholzmundstück für sein Horn, die Schweizer Armbanduhr (mit Rubinen eingelegt) und all das von unseren Besitztümern, was ungeeignet für die Eiligen erscheint (ich habe es zur Ehrensache gemacht, nur solches zu sammeln, denn was wäre persönlicher als Persönlichkeit?). Das Tränenkrüglein aus Smyrna (obwohl es scheint's reichlich mit Zink versetzt ist), der wenig standfeste Trinkbecher aus Pisa, den Schiefen Turm darstellend (in den ich bei Notdurft auf Reisen gepinkelt), das Kristallsiegel, das Messer mit Perlgriff, der birnenförmige Briefbeschwerer, der längliche Briefbeschwerer mit dem Wasserfall drunter, der Platinbriefbeschwerer mit Madonna und Kind als Intaglio, leicht eingekerbt und angekratzt von der forschenden Schneide besagten Messers, im Bemühen zu ergründen, wieviel Platin ist und wieviel gemeines Blei. Die schwedische Schürze, die marokkanischen Pantoffeln, der Kaschmir-Überwurf mit Seidenkette und Wolleinschlag, das Pincenez mit goldener Kette und emailliertem Silberbogen, ein Geburtstagsgeschenk von meiner Enkelin Julie; die Brosche mit dem Windspielkopf aus schottischem Achat, die Manschettenknöpfe mit Pferdeköpfen, umgeben von Hufeisen und Peitsche, die geschnitzten Beinknöpfchen, die Knöpfchen aus bemaltem Holz, ein kostbares Zeugnis der Liebe und Verehrung meines Enkels Timothy, von seiner eigenen kindlichen Hand hergestellt und von derselben mir dargeboten, in einem Überströmen des jugendlichen Herzens. Der beinerne Ring, mir von der Hand meines zweiten Sohnes Wendeil Überreicht, einst mit der Absicht - und mit schmerzlicher Wollust - geschnitzt, die äußerste, ursprünglich eingeborene Befriedigung, den Weibern seines Hauses gebührend, möge erwidert werden; die schwarzrote Kammgarntasche, die Amelia in den Stunden ihrer Niederkunft gestrickt hat, und die schaufeiförmigen silbernen Teelöffel (von meiner Mutter), wertvoll durch die Zahnspuren, die der beißende Mund meines Erstgeborenen, Aaron, darin hinterlassen hat. Sollte ein Teil oder die Gesamtheit der Gemeinde zum Singen geneigt sein, möge man sie oder ihn oder sie alle die Teile von »Allan Percy« oder der »Klage des Soldaten« (das wäre mir am allerliebsten) wiedergeben lassen, die sie erinnern oder sich beschaffen können, und als coup de mort sollen sie »Werd1 ich Sterne in der Krone tragen?« hinzufügen. Denn obwohl ich an ein künftiges Leben und eine Ewig Dauernde Welt glaube, ist es doch ein schwerwiegender Anlaß zu tiefsinnigen Gedanken, denn in zweien, die nicht mehr leben, ist ein Fortgehen, von dem wir gar nichts wissen.

Im Leben danach betrachtete Sophia dies Dokument mit Verwunderung.  - (ryder)

Testament (8)  Größen Eindruck gemacht hat mir auch de Sades Testament, in dem er verfügt, daß seine Asche irgendwo verstreut werde und die Menschheit seine Werke und selbst seinen Namen vergessen solle. Ich möchte für mich das gleiche verfügen können. Ich finde alle Gedenkfeiern und alle Denkmäler für große Männer falsch und gefährlich. Wozu sollen sie gut sein? Es lebe das Vergessen! Nur im Nichts sehe ich Würde.   -  Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am Main 1985

Testament (9)   «Eine Stiftung in Pinchmans Namen für die Cattleman's Association. Daraus sollen Mitglieder, bei denen als Folge von Verletzungen eine Amputation erforderlich wird, die Arzt- und Krankenhauskosten erstattet bekommen.»

«Machen Sie keine Witze», sagte Stryker.

«Das ist kein Witz. Aiken schien es allerdings sehr amüsant zu finden. Pinchman brauchte das Geld nicht, er hätte selbst genug, meinte er. Darauf wollte ich vorhin hinaus... Ein Stückchen weiter finden Sie ein Legat für eine gewisse Mary Jeske für den (Kauf medizinischer Geräte). Zufällig weiß ich...»

«Sie betreibt einen Puff unten in der Clary Street», sagte Pinsky in seiner langsamen, bedächtigen Art. «Perverses Etablissement. »
«Ich weiß», sagte Stewart trocken. «Dann soll am Gartenbau-Institut das Maud Fineman-Stipendium zugunsten «vielversprechender junger Gärtner männlichen Geschlechts» eingerichtet werden. Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich es vorhin als sehr persönlich gehaltenes Dokument bezeichnet habe. Es gibt ein Dutzend Legate, die man auf sehr verschiedene Art und Weise auslegen kann. Sie sind meist klein, aber alle höchst unangenehm.»

«Legal?»

«O ja, völlig legal. Ich habe das Testament selbst aufgesetzt.» Stewart schnitt eine Grimasse. «Gott steh mir bei, wenn es zur Eröffnung kommt. Er hat verlangt, daß es Öffentlich verlesen wird.» Er stieß einen Ton der Verzweiflung aus und schüttelte sich. «Also, wo wollen Sie anfangen?»

Stryker, ganz verwirrt von den Enthüllungen über Adamsons verkorkste Persönlichkeit, teilte seine Männer ein. Sie nahmen sich systematisch das Wohnzimmer und die Bibliothek vor, suchten nach Adreß- und Tagebüchern, Briefen oder irgend etwas, woraus sich ein Schluß auf Adamsons Privatleben ziehen ließ, das er so gewissenhaft von seinem Beruf getrennt hatte. Sie fanden Briefe, ein Bündel Gedichte-einem APOLLO Emergent gewidmet-, die selbst Stewart die Röte ins Gesicht trieben.

Pinsky stieß auf die Kartei. Eine Liste von «Freunden» (oder Eroberungen) mit genauer Beschreibung der Erscheinung, Beurteilung und Dauer der Beziehung. Die meisten schienen nach einer Nacht oder einer Woche mit Geschenken bedacht oder bar entlohnt worden zu sein, nur wenige Beziehungen hatten länger gehalten. Die Aufzeichnungen gingen etwa fünf Jahre zurück, vermutlich waren die älteren Daten jährlich gelöscht worden. Vier schienen ihm etwas bedeutet zu haben, und alle vier waren auf der Liste der direkten Erben enthalten. Einer von ihnen war der Maler, von dem die Bilder im Wohnzimmer stammten. Keiner der vier stand in irgendeiner Beziehung zur Universität.

«Unvorstellbar», murmelte Stewart und schüttelte den Kopf. «Ich frage mich, wo er die Zeit dafür hergenommen hat, die Kraft. Er hatte eine volle Stelle, hat regelmäßig publiziert...»

«Dafür brauchte er nie mit seiner Frau einkaufen zu gehen und keine Windeln zu wechseln», bemerkte Pinsky. «Nicht mal den Mülleimer mußte er raustragen.»  - Paula Gosling,Tod auf dem Campus.  Reinbek bei Hamburg 1995 


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