Tantchen   Da stand ein Hüttchen mitten auf dem Felde auf Hühnerfüßchen, auf Spindelbeinchen. Sie kam heran und klopfte ans Fenster. Die Baba-Jaga fragte: »Wer ist da?« »Tantchen, gib Mütterchen einen Weberkamm!« »Komm herein, liebe Nichte, setz dich her; ich will gehn und den Weberkamm holen!« Sie lief aber fort, um ihre Zähne zu-schleifen. Da warf die Tochter dem Kater die Butter hin, und der Kater sprach: »Spuck auf die Schwelle; dein Speichel wird für dich antworten!« Sie spuckte auf die Schwelle, steckte den Weberkamm der Baba-Jaga zu sich und lief fort. Doch die Baba-Jaga schliff und schliff ihre Zähne. »Nichte, bist du da?« Der Speichel antwortete: »Ich bin hier, Tantchen, ich bin hier!« Endlich hatte die Baba-Jaga ihre Zähne scharf geschliffen, ging in die Hütte, aber die Nichte war nicht mehr dort. »Wo ist denn die Nichte?« fragte sie den Kater. Und der Kater antwortete:  »Ich weiß nicht.« Da setzte sich die Baba-Jaga auf ihren eisernen Mörser, trieb ihn mit einem eisernen Stößel an und machte sich auf die Verfolgung. Schon hatte sie sie fast erreicht. Da warf jene die Bürste hinter sich, und auf einmal entstand dichtes Schilfrohr! Die Baba-Jaga fing an, mit den Zähnen das Rohr zu durchbeißen, und mähte es ganz ab. Wieder eilte sie nach. Da warf jene den Kamm hin, und es entstand mit einemmal ein Birkenwäldchen! Die Baba-Jaga fällte aber das ganze Wäldchen mit den Zähnen, setzte sich wieder auf den eisernen Mörser und trieb ihn mit dem eisernen Stößel an. Und wieder jagte sie nach. Da warf jene die Steinchen aus. Plötzlich entstand ein Fluß. Die Baba-Jaga warf sich hinein und trank; sie trank und trank, bis sie zerplatzte, die Baba-Jaga.  - Russische Volksmärchen. Hg. Reinhold Olesch. Münche 1959 (Diederichs, Märchen derWeltliteratur)

Tantchen (2)
 

Tante

 

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