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Bettine hatte neben ihren Göttern noch allerlei Fetische und Puppen; denn jene
waren meist entfernt, und ihre hohe Unzugänglichkeit ließ geringeren Geistern
in mancher Abstufung Raum. Zu den höheren gehörten zum Beispiel Tieck
und Jakobi, die vorübergehend eine Art Stellvertreterschaft Goethes
übernehmen mußten und bekränzt und angebetet wurden, allerdings auch nach Belieben
wieder abgesetzt und ausgelacht, wie es ihrer Götzenrolle entsprach. Während
sie aber für die Hauptschwärmereien so hoch wie möglich griff, war ihr zum Tändeln
jeder recht: der Gärtnerbursche, der Bischof, der Tischnachbar in Gesellschaft,
die Studentenschar, die an ihrem Fenster zufällig vorüberzog, kurz alle, diejenigen
ausgenommen, die für ihre Eigenart ganz unempfänglich waren oder sich davon
abgestoßen fühlten. Diese suchte sie durch paradoxe Behauptungen und ungewöhnliches
Betragen in Staunen, Schrecken oder Unwillen zu setzen, wie den Naturforscher
Ebel, der bei einem Gewitter aus dem Wagen
sprang, um nicht in ihrer elektrischen Nähe zu bleiben. -
Ricarda Huch, Die Romantik. Blütezeit, Ausbreitung und Verfall. Tübingen 1951
(zuerst 1899-1902)
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