ympathie   

Hier noch eine derjenigen Physiognomien, zwischen denen die innigste Sympathie waltet.

Diese männliche Physiognomie hätte sich wohl für die Gatten der meisten Frauen dieser Sammlung geschickt, besonders für jene von Nr. 4, und zwar aus dem nämlichen Grunde, als diese junge Person vielleicht glücklich geworden wäre, wenn sie einen der Männer von Nr. 3, 17 oder 31 gewählt hätte.

Kraft, Herzensgüte und Verstand auf der einen Seite; Sanftmut und Bildsamkeit auf der anderen ; dieß sind die Eigenschaften, die sich zur schönsten Harmonie eignen. Auf beiden Seiten erblicke ich alle Eigenschaften , die dem Herzen angehören , und ich getraue mich fast , die Treue und Beständigkeit des Weibes zu verbürgen.

Dem Charakter des Mannes muß ich noch einen Zug beisetzen: Die Lebhaftigkeit. Diese könnte ihn manchmahl über die Grenzen der Mäßigung hinausführen; allein die Sanftmuth seiner holden Gefährtin wird ihn schnell zu sanfteren Gefühlen zurückrufen.

Die Ruhe der Mäßigung den heftigen Aufwallungen reizbarer Lebhaftigkeit entgegen setzen - dieß ist das erprobte Mittel , dessen der Kluge sich bedient.

Ich habe zwei Ehegatten gekannt, die mit sehr reizbarer Lebhaftigkeit begabt und den Aufwallungen des Gähzorns sehr ergeben waren. Während der vielen Jahre, die sie zusammen verlebten, ließen sie sich nie zu gleicher Zeit von ihrer Heftigkeit hinreissen. Ließ sich eines derselben vom Anfall des Zorns überwältigen, so verhielt sich das andere stillschweigend, setzte dem Brausenden die ruhige Gelassenheit der Vernunft entgegen , und der Friede war bald hergeastellt. Durch dies kluge Benehmen, befestigten diese zwei Eheleute, die zwischen ihnen waltende Eintracht, immer mehr und mehr. - Die Kunst, in der Liebe und Freundschaft eine glückliche Wahl zu treffen. Nach den Regeln der Sympathie erläutert. 1816 (Die bibliophilen Taschenbücher, Dortmund 1980)

Sympathie (2)  NDB ist ein Monstrum, eine anstrengende Größe. Aber Mack kann uns einen Tip geben. Zeigt NDB, daß es bei euch im Sexuellen hapert, dann seid ihr ihm sofort sympathisch! ich bin ihm sympathisch, mir hängt zwischen den Beinen eine Katastrophe, geht euch nichts an, verstanden, sag ich bloß, um euch Mut zu machen, dem großen NDB hängt da nämlich auch ne Katastrophe, ja, glotzt nur, das bindet, versteht ihr, darum verehr ich ihn und sein tyrannisches Schamgefühl, hat ne Phimose an seim Huppelchen, so n' richtigen Maulkorb vor der Mündung, ihm tut weh, was anderen Spaß macht, und er geniert sich, versteht ihr, geht nicht zum Arzt, um sich das ein bißchen schneiden zu lassen, daß er's leichter hätte, das kann er nicht mit seinem absoluten Schamgefühl, heut hätt er auch Angst, es wird publik, er will nicht verstanden werden als einer, bei dem's vom Maulkorb kommt, daß er singt. Oder er hat Angst, daß er ohne den Maulkorb tatsächlich nicht mehr so schön singen kann, auf jeden Fall ist das Geheimsache, verstanden! Warum, meint ihr, kommt er sonst auf die Idee, seinem Papst sowas einsetzen zu lassen! von sowas träumt er in seiner Katastrophe, und was für eine Katastrophe! bedenkt, daß er jede haben könnte, glaubt mir das, bitte, EINE JEDE, und er hat nichts als Mühsal und Schmerz, ist das eine Katastrophe oder nicht? es ist wirklich ein Glück, daß er ein Genie ist und sich helfen kann, trotzdem haßt er euch, weil er denkt, ihr habt's leichter, darum sag ich doch, Kinder, zeigt ihm, ihr habt's auf eure Art auch nicht leicht, dann könnt ihr ihn um'n Finger wickeln, aber solang ihr so lustig ausschaut und herumflaniert als Herrliche, da haßt er euch natürlich, begreift das doch, zum Wohl! - Martin Walser, Das Einhorn. Frankfurt am Main 1966

Sympathie (3)  Er hatte in seiner Anlage einen Zug, den wenige Menschen bei ihm vermutet haben würden. Ihn beseelte eine tiefeingewurzelte Sympathie, vielleicht auch Mitleid zu nennen, mit allen Frauen auf der Welt, und insonderheit mit allen jungen Weibern.

Obwohl er selbst kein Pferd zu halten wünschte, konnte er von jedem Gaul, den man ihm zeigte, auf Heller und Pfennig sagen, was er wert war. Und obwohl er für seine Person nicht im mindesten nach einer Frau Verlangen trug, vermochte er doch ein Weib mit den Augen der anderen jungen Männer abzuschätzen und haarscharf ihren Wert zu taxieren. Nur galten ihm in diesem zweiten Fall die Augen der anderen jungen Leute als kurzsichtig oder blind, der Preis als irrtümlich, und die Ware selbst auf eine sozusagen betrübliche Weise als unterbewertet und sträflich verkannt.

Rätselhafterweise empfand er dieselbe Sympathie, mit Mitleid gemischt, mit den Vögeln, alle Vierfüßler ließen ihn gleichgültig, und Pferde - unbeschadet seiner Kennerschaft und Urteilsfähigkeit ihnen gegenüber - fand er geradezu abstoßend. Dagegen konnte er auf dem Gang ins Kontor Umwege in Kauf nehmen, nur um an den Läden der chinesischen Vogelhändler vorüberzukommen. Er blieb dann lang vor den übereinandergestellten Vogelkäfigen stehen; er kannte jeden einzelnen Vogel darin und nahm Anteil an ihrem Geschick.

Jetzt, da er Virginies Haus entgegenwanderte, durfte er wohl doppeltes Mitgefühl empfinden. Denn sie war eine junge Frau, die ihn an einen Vogel erinnerte. Indem er sie in Gedanken mit den anderen jungen Frauen in Kanton verglich, nahm sie für ihn das Aussehen eines Goldfasans oder Pfaus inmitten eines Hühnerhofs an. Sie war größer als ihre Geschlechtsgenossinnen, edler und prachtvoller in Gang und Gefieder; einsam, konnte man sagen, stolzierte sie unter dem geringeren Hausgeflügel. Das eine Mal, da er sie gesehen hatte, war sie ein bißchen niedergeschlagen und gereizt gewesen, wie ein Goldfasan in der Mauser. Aber ein Goldfasan war und blieb sie. - Tania Blixen, Schicksalsanekdoten. Reinbek bei Hamburg 1988 (zuerst 1958)

Sympathie (4)  Alexanders Herz schlug für sein Streitross Bukephalos.
Nero schwärmte für Grauschimmel, Vergil für Schmetterlinge.
Commodus fühlte sich eng verbunden mit seinem Affen.
Honorius mit einer Henne, der heilige Antonius mit seinem Schwein.
Der heilige Dionys mit seinem Esel, der heilige Ägidius mit seiner Hirschkuh
und der heilige Rochus mit seinem Hund.  - Ségouin, Die Mysterien der Magie oder Die entschleierten Geheimnisse des Magnetismus. (1853), nach (sot)

Sympathie (5)  Frazer hat  das Verhalten oder Bestreben des frühen Menschen einem allgemein einschlägigen Gesetz unterstellt, dem der Sympathie, das ein unvermeidliches Band zwischen örtlich entfernten Dingen postuliert, sei es weil diese von gleicher Gestalt sind - nachahmende Magie, Homöopathie —, sei es auf Grund einer voraufgehenden Annäherung - Anstek-kungsmagie. Ein Beispiel zur Erläuterung der zweiten Art war die Heilsalbe von Kenelm Digby, die nicht auf die Wunde unter dem Verband, sondern auf den schuldigen Stahl, der sie geschlagen hatte, aufgetragen wurde, so daß jene ohne die Härte einer barbarischen Behandlungsmethode in Ruhe vernarben konnte. Was die erste Art angeht, so gibt es für sie eine unendliche Zahl von Beispielen. Die Rothäute von Nebraska bekleideten sich mit knirschenden Bisonhäuten samt Gehörn und Mähne und erfüllten bei Tag und Nacht die Prärie mit ihrem tosenden Reigen, damit die Bisons kämen. Die Zauberer von Zentralaustralien bringen sich am Unterarm eine Wunde bei, die das Blut fließen läßt, damit der Himmel aus Nachahmung oder Sympathetik gleichfalls Regen bluten lasse. Die Malayen der Halbinsel pflegen ein Bild aus Wachs zu martern oder zu kränken, damit sein Urbild zugrunde gehe. -  Jorge Luis Borges, Die Erzählkunst und die Magie. In: J.L.B., Kabbala und Tango. Essays. Frankfurt am Main 1991

Mitgefühl Neigung
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Zuneigung