urf-Gespenster
Im Lauf der Jahre hatte Doc ein, zwei Surfer
kennengelernt, die neue, weit vom Ufer entfernte Breaks gefunden und gesurft
hatten, für die kein anderer Surfer das richtige Equipment - ob unter den Füßen
oder im Herzen -besaß, und die oft jahrelang jeden Morgen allein aufgebrochen
waren, aufs Wasser geworfene Schatten, die sich, unfotografiert und undokumentiert,
auf Ritte von fünf Minuten oder mehr eingelassen hatten, durch brodelnde Tunnel
von sonnendurchflutetem Blaugrün, der wahren, unerträglichen Farbe des Tageslichts.
Doc war aufgefallen, dass diese Leute nach einer Weile nicht mehr so ganz dort
waren, wo ihre Freunde sie anzutreffen erwarteten. Seit langem offene Rechnungen
in Bierkneipen mit Palmwedeldächern mussten erlassen werden, Strandhäschen konnten
nur noch traurig auf den Horizont starren und sich irgendwann mit Spießern von
der anderen Seite der Straße -Schadensregulierern, stellvertretenden Schuldirektoren,
Sicherheitsleuten und so weiter - einlassen, obwohl die Miete für die verlassenen
Surferbuden irgendwie weitergezahlt wurde und man immer wieder Lichter durch
die Fenster scheinen sah, wenn die Kneipen längst geschlossen hatten, und die
Leute, die meinten, sie hätten diese verschüttgegangenen Surfer tatsächlich
gesichtet, später zugaben, dass sie vielleicht doch nur Halluzinationen gehabt
hatten. -
Thomas Pynchon, Natürliche Mängel. Reinbek bei Hamburg 2010
|
||
|
|
|