Sultane, präadamitische   Sie kamen in eine große domartige Halle, die durch fünfzig Bronzetore mit Stahlriegeln verschlossen war. Schauriges Düster lag über dem Ort, und in zwei Reihen, unbeweglich auf Bahren von steinhartem Zedernholz gebettet, lagen entfleischt die Körper der präadamitischen Könige, die die ganze Welt beherrscht hatten. Sie besaßen gerade noch Leben genug, um sich immer ihres beklagenswerten Zustands bewußt zu sein. In ihren Augen war eine schwermutige Rührung verblieben, sie sahen einander mit leeren Blicken an und hielten alle die rechte Hand starr aufs Herz gekrampft. Inschriften zu Füßen ihrer Lagerstätten berichteten die Ereignisse ihrer Regierungszeiten, ihre Macht, ihren Stolz und ihre Verbrechen. Soliman Daki, Soliman genannt Gian Ben Gian, der, nachdem er die Diven in den finsteren Kellern unter dem Kaf angekettet hatte, so anmaßend wurde, daß er die obere Macht anzweifelte; alle diese Herrscher hatten hier einen hohen Rang, aber immerhin nicht vergleichlich dem des Soliman Ben Da-Ud. Dieser König, dessen Weisheit so berühmt war, lag an höchster Stelle unter der Mitte der Kuppel aufgebahrt. Er schien etwas mehr Leben zu haben als die andern, denn von Zeit zu Zeit seufzte er tief auf. Auch er hatte die Rechte reglos aufs Herz gepreßt, aber seine Miene war gefaßter, und es schien, als lausche er dem dumpfen Geräusch eines Wasserfalles, der durch eines der Gittertore zum Teil sichtbar war. Das Schweigen dieser Schmerzensstätte unterbrach kein andrer Laut. Eine Reihe metallner Urnen stand um Solimans Statt. «Öffne die Deckel dieser kabbalistischen Gefäße», sagte der Giaur zu Vathek, «und bemächtige dich der Talismane, deren Kraft diese Bronzegitter zerbricht und dich sowohl zum Besitzer der Schätze, die dahinter ruhen, macht als auch zum Herrn über jene Geister erhebt, die deren Wächter sind.»   - William Beckford, Vathek. Stuttgart 1983 (Bibliothek von Babel, Bd. 3., Hg. J. L. Borges)

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