üdwort
Nun nähern sich vielleicht schon Worte, Worte durcheinander,
dem Klaren noch nicht bemerkbar, aber die Flimmerhaare
tasten es heran. Da wäre vielleicht eine Befreundung für Blau,
welch Glück, welch reines Erlebnis! Man denke alle die leeren, entkräfteten
Bespielungen, die suggestionslosen Präambeln für dies einzige Kolorit, nun kann
man ja den Himmel von Sansibar über den Blüten der Bougainville und das Meer
der Syrien in sein Herz beschwören, man denke dies ewige und schöne Wort! Nicht
umsonst sage ich Blau. Es ist das Südwort schlechthin, der Exponent des ligurischen
Komplexes von enormem ,Wallungswert', das Hauptmittel zur ,Zusammennangsdurchstoßung',
nach der die Selbstentzündung beginnt, das.,tödliche Fanal', auf das sie zuströmen,
die fernen Reiche, um sich einzufügen in die Ordnung jener ,fahlen Hyperämie'.
Phäaken, Megalithen, lernäische Gebiete - allerdings Namen, allerdings zum Teil
von mir sogar gebildet, aber wenn sie sich nahen, werden sie mehr. Astarte,
Geta, Heraklit - allerdings Notizen aus meinen Büchern, aber wenn ihre Stunde
naht, ist sie die Stunde der Auleten durch die Wälder, ihre Flügel, ihre Boote,
ihre Kronen, die sie tragen, legen sie nieder als Anathemen und als Elemente
des Gedichts. - Gottfried Benn,
Probleme der Lyrik (1951), in: G.B., Essays, Reden, Vorträge. Wiesbaden 1965
[zuerst in Epilog und lyrische Ich, 1923]
|
||
|
|
|