tudentenleben   Kommilitonen! Wir haben es dank der Lage unseres Universitätsgebäudes alle oft genug erlebt, wie mitten in die eifrig angehörte Vorlesung der vorüberziehende preußische Militärmarsch hereinschmetterte. Es hat mich nie verdrossen, wenn dann die aufmerksamsten Gesichter zerstreut wurden: reckten sich darüber doch die Leiber straff empor, fühlte ich doch, wie es rhythmisch in die Beine zuckte! In uns Preußen steckt Gott sei Dank immer etwas vom preußischen Soldaten. Deutsche Freiheit und der Geist preußischer Zucht führen eine gute Ehe, und ich kann den Süddeutschen nur wünschen, daß sie hier von der seelenbezwingenden Macht des rechten Preußengeistes willig einen starken Hauch in sich aufnehmen, statt sich durch die Karikaturen, in denen sich der Simplicissimus und leider auch die ›Jugend‹ gefallen, über preußische Art belehren zu lassen. Steckt doch etwas von jener preußischen Zucht auch in Euren Kommerssitten, liebe Kommilitonen. Freie jugendlich feurige Begeisterung ist die Seele Eurer Salamander; nur im Feuer fühlt sich der Salamander wohl; Salamander soll glühen! Und doch: ohne den gebietenden Willen und die starke Stimme Eures kommandierenden Präses geht es nicht; akademische Freiheit in Ehren, die Füchse dürfen doch nicht nachklappen. Im Vaterlande, liebe Kommilitonen, ist es nicht anders: die Freiheit in höchsten Ehren; aber kommt's drauf an, zur rechten Stunde, da dürfen die Füchse nicht vor- oder nachklappen. Dies Fest soll nicht vergehen, ohne daß wir des großen Preußendichters gedenken, der so unbegreiflich schön prophetischen Blickes die Freiheit deutschen Geistes und den sittlichen Ernst preußischer Selbstbezwingung vereinigt sah. Das Grab am Wannsee draußen soll dem Berliner Studenten ein Heiligtum sein. -  Prof. Dr. Gustav Roethe (Germanist), 1910. Nach: Berlin um 1900. Red. Gesine Asmus. Hg. Berlinische Galerie u.a.  Berlin 1984

Studentenleben (2)  In unserem Hause ging es auch recht niedlich her. Da wohnte ein gewisser Z. aus Berlin, ein witziger, heller Kopf, aber ein Hans ohne Sorgen. Er ging beinahe in kein Kolleg, studierte aber doch fleißig für sich und lernte mehr als die Herren Heftenschmierer; er war vollkommen erfahren in der lateinischen, griechischen und deutschen Sprache. Also Z. war ein Ohnesorg und zog sich nicht eher an, als bis er ausgehen wollte, und er ging nur alle drei oder vier Tage einmal aus. Er saß da ohne Beinkleider in der warmen Stube und zeigte sich nicht selten in puris naturalibus. - F. C. Laukhards, vorzeiten Magister der Philosophie und jetzt Musketiers unter dem Thaddenschen Regiment zu Halle, Leben und Schicksale, von ihm selbst beschrieben und zur Warnung für Eltern und studierende Jünglinge herausgegeben. Fünf Teile, 1792–1802

 

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