tricken  Es wurden da Stimmen laut, die forderten, daß das Paar nun seine Hochzeitsnacht begehen solle. Dazu sagten er und die Königin nicht nein. Und als er bei ihr lag, war er so fein und bescheiden, daß manche von den Damen, die jetzt hier sitzen, mit ihm unzufrieden wäre, wenn einer ihr das antäte. Daß die Frauen doch immer, aus Lust am Quälen, alles Feintun Lügen strafen, wenn sie sich reizend machen! Vor fremden Leuten tun sie ganz keusch, doch führt der Wunsch in ihren Herzen eine scharfe Schere und hat längst abgeschnitten, was allenfalls dran ist an ihrem sittsamen Gebaren. Dem Geliebten schlagen sie heimliche Wunden mit ihrer Zärtlichkeit.

Ein fester Charakter, ein Mann, der sich vor Anmaßung und vor Verrat zu hüten weiß, der ist voller Rücksicht gegen die Geliebte. ›Ich habe meine Jahre bei ihr abgedient‹, so denkt er — und vielleicht sogar mit Recht —, ›und darum hat diese Frau jetzt meinem Leib den Lohn verheißen: So liege ich nun hier. Es wäre mir früher immer als große Gunst erschienen, auch bloß mit meiner Hand ihr Kleid anzufassen. Wenn ich jetzt haben wollte, was nur Gier sich wünschen kann, so würde ich's kriegen, aber es wäre nicht anständig. Soll ich sie denn quälen und so uns beiden Schande machen? Eine Dame hat das Recht, angenehm unterhalten zu werden vor dem Einschlafen.‹

So lag er da, der Wâleise, wenig Schreckliches war jetzt an ihm: Er, den man den Roten Ritter nannte, ließ die Königin Jungfrau bleiben.

Sie aber glaubte, sie wäre nun seine Frau. Sein liebenswerter Leib war ihr Grund genug, sich für verheiratet zu halten. Am Morgen band sie sich deshalb die Haube. Sie übergab ihm Burgen und Land, die jungfräuliche Braut, denn sie liebte ihn von Herzen.

So hielten sie es und waren einander gut und waren glücklich, zwei Tage und die dritte Nacht. Oft dachte er daran, was seine Mutter vom Umarmen gesagt hatte, und Gurnemanz hatte ihn auch gelehrt, Mann und Frau seien eins. So strickten sie endlich Arme und Beine ineinander. Wenn ich euch das erzählen soll, so sag ich nur: Er fand da süße Nähe. Sie taten nach dem alten, neuen Brauch, und ihnen war wohl und nicht weh.   - Wolfram von Eschenbach, Parzival. Frankfurt am Main 1993 (zuerst ca. 1200, Übs. Peter Knecht. Die Andere Bibliothek 100)

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