trategie
Der zentrale Punkt, um den sich heutige Theorien über angeblich angeborene geschlechtsbedingte
Denk- und Verhaltensstrukturen drehen, ist die Vorstellung, daß Mann und Frau
von Natur aus unterschiedliche und einander widerstreitende Fortpflanzungsstrategien
verfolgen: daß einer Strategie des weiblichen Eis eine Strategie des männlichen
Samens gegenüberstehe. Die Ei-Strategie verpflichte angeblich
die Frauen dazu, in bezug auf den Geschlechtspartner wählerischer zu sein, sich
mit weniger Geschlechtspartnern zu begnügen und auf die Säuglingspflege und
Kinderaufzucht mehr Sorgfalt und Mühe zu verwenden als der Mann. Die Samenstrategie
verpflichte die Männer, sich ohne Ansehen der Person mit möglichst vielen Frauen
zu paaren und weniger Sorgfalt und Mühe auf die Kinderaufzucht zu verwenden.
Diese beiden einander entgegengesetzten Strategien seien ihrerseits Ausdruck
des Größen- und Mengenunterschieds zwischen weiblichen Eiern und männlichen
Spermien. Frauen haben in ihrem Leben nur eine begrenzte Anzahl von Gelegenheiten,
ihr Erbmaterial weiterzugeben. Sie haben einen festgelegten Vorrat an Eiern,
von denen sie nur monatlich eines verwenden können. Sind sie geschwängert, so
können sie frühestens achtzehn Monate später wieder ein Kind bekommen. Männer
hingegen produzieren Spermien in zehnmillionenfachen Mengen. Da der Frau die
Aufgabe zufällt, den Fötus zu hegen, sei es im Sinne einer erfolgreichen Fortpflanzung
für die Männer von Vorteil, wenn sie mit ihren wohlfeilen kleinen Spermien eine
Frau nach der anderen schwängerten. In der gleichen Zeit, in der eine Frau mit
ihrem einen kostbaren monatlichen Ei einen einzigen Säugling zustande bringt,
kann ein Mann, der dem Ruf seiner Gene folgt, ein Dutzend oder mehr Kinder in
die Welt setzen. Was eine Frau von ihrem Geschlechtspartner wolle, sei deshalb
nach dieser Ansicht das genaue Gegenteil dessen, was er von ihr wolle. Sie wolle,
daß er bei ihr bleibe und für ihren und ihres Kindes Unterhalt sorge. Er hingegen
wolle herumstreunen und so viele Frauen wie möglich verführen. So schreibt E.
O. Wilson: "Für Männer zahlt es sich aus, draufgängerisch, zupackend,
unbeständig und wenig wählerisch zu sein. Für Frauen ist es theoretisch vorteilhafter,
züchtig zu sein und die Männer mit den besten
Genen herauszufinden - diejenigen, die nach der Schwängerung am ehesten bei
ihnen bleiben. Die Menschen gehorchen diesem biologischen Gesetz aufs genaueste."
Die Strategien des weiblichen Eis und des männlichen Spermium sollen auch eine
Erklärung für das Phänomen der Vergewaltigung von
Frauen durch Männer liefern - die letzteren wollten sich auf diese Weise sämtlichen
Vaterpflichten entziehen - und dafür, warum man Vielweiberei
soviel häufiger antrifft als Vielmännerei - die Männer sträubten sich dagegen,
ihr Sperma in eine einzige Schwangerschaft zu stecken, zumal wenn sie nicht
einmal sicher sein könnten, daß sie der Vater seien. - (
mensch
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