tiermensch  Zuerst dachte ich, er sei ein Mensch, der mir nur durch irgendeine Laune der unterirdischen Beleuchtung so verkürzt erschien. Als er aber näher kam, sah ich, daß ich mich geirrt hatte. Er muß an den Schultern gut anderthalb Meter breit gewesen sein. An der Stirn hatte er zwei häßliche rote Narben, wo man ihm die Hörner aus dem Schädel gelöst hatte. Er war ein Homunkulus, der ganz ohne Zweifel von Rindern abstammte. Ich hatte offengestanden nicht gewußt, daß man sie auch in so unvollkommener Gestalt herumlaufen ließ.

Zudem war er betrunken.

Als er näherkam, nahm ich wahr, wie es in seinem Geist summte ... Menschen sind sie nicht, auch keine Hominiden, und zu uns gehören sie auch nicht — was haben sie dann hier zu suchen? Die Worte, die sie denken, verwirren mich. Er hatte noch nie auf französisch telepathiert.

Das war eine böse Geschichte. Es wäre nichts dabei gewesen, wenn er gesprochen hätte, doch telepathisch waren nur wenige Homunkuli — diejenigen nämlich, die mit Sonderaufgaben betraut waren, beispielsweise im Tiefunten-Tiefunten, wohin Instruktionen nur per Telepathie zu übermitteln waren.

Virginie drückte sich an mich.

Ich dachte ihn in klarer Gemeinsprache an: Wir sind echte Menschen. Du mußt uns vorbeilassen.

Als Antwort stieß er nur ein Gebrüll aus. Ich weiß nicht, wo er sich betrunken harte und womit, aber wie auch immer, er registrierte meine Botschaft nicht.

Ich konnte sehen, wie seine Gedanken ihn in Panik, Hilflosigkeit, Haß trieben. Dann stürmte er auf uns los, als wollte er uns niedertrampeln.

Ich stellte meinen Geist scharf und schleuderte ihm den Halt-Befehl entgegen.

Es nützte nichts.

Entsetzen packte mich, als mir klar wurde, daß ich ihn auf französisch angedacht hatte.

Virginie schrie.

Der Stiermensch hatte uns erreicht.

Im allerletzten Moment aber schlug er einen Haken, stürmte blindlings an uns vorbei und brüllte, daß es von den Wänden des riesigen Ganges widerhallte. Dann war er fort.  - Cordwainer Smith, Alpha Ralpha Boulevard. In: Phantastische Welten, Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1984