tierkonzert Wenn
der Vater nach Hause kam, wollte er wieder den Ehemann spielen, und die
Ehefrau sagte aber nein, doch dann schliefen sie im selben Bett, und nachts
hörte man gewisse Laute aus dem Schlafzimmer kommen. Da wachte der kleine
Da Ponte auf und war gezwungen, sich ihre Stimmen anzuhören, und gleichzeitig
die Laute eines Stiers auf einem nahen Feld, der nachts brüllte, weil er
von seinen Kühen ferngehalten wurde. Es war ein sehr gewaltiger Stier,
der stundenlang schrie, aber hin und wieder verzweifelt war, weil er seine
Kühe nicht besteigen konnte, und da machte er »määh, määh« wie ein
Lämmchen, das seine Mutter sucht. Und wenn Da Ponte ihn hörte, konnte
er nicht mehr einschlafen, so ging er oft auf die Höhe zum Kastanienwäldchen,
um den Mond anzuschauen. Sein Bruder schlief bei ihm, und wenn er merkte,
daß er wach war, setzte er sich im Bett auf, um ihm Kopfnüsse zu geben,
wobei er sagte, er solle schlafen: »Schlaf doch, du Trottel, was machst
du denn?« Und wenn er ihn auch nur eine winzige Bewegung machen hörte,
wollte er ihm sofort wieder Kopfnüsse geben. Es war eine Folterqual, unbeweglich
dazuliegen, nur um den Bruder nicht zu stören, der inzwischen auch nicht
schlafen konnte, denn auch er hörte sowohl die Schreie des Stiers vom nahen
Feld wie die Geräusche von Vater und Mutter aus dem Schlafzimmer kommen.
Die Klagen des Stiers waren ein Konzert, das sich über Stunden hinzog,
aber die Geräusche, bei denen Da Ponte noch weniger schlafen konnte, kamen
aus dem Schlafzimmer der Eltern, denn die machten ihn krankhaft neugierig.
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Gianni Celati, Bukolisches Gedicht. In: G. C., Cinema naturale. Berlin 2001
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