tendhal  Es ist gut, von einem Manne wie Stendhal auszugehen, wenn von  privater oder literarischer Unsterblichkeit die Rede ist. Ein Mann, der den landläufigen Glaubensvorstellungen mehr abgeneigt ist, wäre schwer zu finden. Er ist vollkommen frei von allen Bindungen und Verheißungen irgendeiner Religion. Seine Empfindungen und Gedanken sind ausschließlich diesem Leben hier zugewandt. Er hat es auf das genaueste und tiefste empfunden und genossen. Er hat sich über alles ausgebreitet, das ihm Freude geben konnte, und er ist darum nicht schal geworden, weil er das Vereinzelte auf sich beruhen ließ. Er hat nichts zu fragwürdigen Einheiten zusammengefaßt. Sein Mißtrauen galt allem, das er nicht zu empfinden vermochte. Er hat viel gedacht, aber es gibt keinen kalten Gedanken bei ihm. Alles, was er verzeichnet, alles, was er gestaltet, bleibt dem heißen Augenblick seines Ursprungs nahe. Er hat vieles geliebt und an allerhand geglaubt, aber es blieb alles auf eine wunderbare Weise greifbar. Was immer es war, er konnte es gleich in sich finden, ohne daß er der Tricks irgendeiner Ordnung bedurfte.

Dieser Mann, der nichts voraussetzt, der auf alles selber stoßen wollte, der das Leben selbst war, soweit es Gefühl und Geist ist, der sich im Herzen jeder Begebenheit befand und sie darum auch von außen betrachten durfte, bei dem Wort und Gehalt sich auf die natürlichste Weise decken, als hätte er die Sprache auf eigene Faust zu reinigen unternommen, dieser seltene und wahrhaft freie Mann hatte doch einen Glauben, von dem er so leicht und selbstverständlich spricht wie von einer Geliebten.

Er begnügte sich ohne Wehleidigkeit damit, für wenige zu schreiben, aber er war ganz sicher, daß in hundert Jahren sehr viele ihn lesen würden. - (cane)

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