tange  Er war noch nicht lange im Gehölz, als er ein Getöse hörte.   Er blickte sich um und sah bald ein altes Weib kommen. Das hatte ein sehr gefährliches Aussehen: zwei rotflammende Augen hatte sie, und das Haar stand ihr steil empor wie ein Schwert.

»Verwünschter Wicht, du garstiger!« rief sie, »bist du es, der meine beiden Söhne umbrachte, gestern und vorgestern?«

»Ja, und ich werde dich heute umbringen!«

Sie ließ ihn gar nicht weiterreden, sondern rannte auf ihn los, und nun erst bemerkte er genauer, wie sie aussah und was sie gegen ihn vorhatte. Sechs Fuß lang war jeder Fingernagel an ihr. Bis zur Spitze war jeder sieben Pfund schwer. Sie versuchte ihn zwischen ihren Klauen zu erfassen. Hätte sie ihn greifen können, sie hätte ihn mit den Nägeln quer durchbohrt, von einer Seite bis zur andern. Er bemühte sich, sich mit seiner Stange gegen sie zu wehren, und sprang hin und her, während ihn die Alte dauernd verfolgte.

So waren sie zwei Stunden lang bemüht, sich gegenseitig zu packen. Seághan war schon ganz mürbe. Hände und Nägel der Alten waren für seine Stange zu lang, er konnte sie nicht mit seinen Hieben treffen. Indem er verzweifelt um sich guckte, entdeckte er in einiger Entfernung einen dicken Eichbaum. Mit einem Sprunge war er dort und stellte sich dahinter.

»Nun, du garstige Alte«, sagte er, »sicher kannst du jetzt nicht an mich herankommen!«

Mit einem Sprunge setzte das Weib zu ihm hinüber. Sie wollte ihre Nägel durch Seághan stechen, quer durch den Baum. Während sie sich auf ihn warf, sprang er auf die andere Seite des Baumes. Da die Alte ihre Nägel mit aller Kraft bis zur andern Seite des Baumes hindurchgebohrt hatte, konnte sie sie nicht herausziehen. Seághan stand jenseits, und sobald er gesehen hatte, wie die Nägel am andern Ende des Baumes herausstaken, bog er sich vor und klopfte mit seiner Stange tüchtig darauf, bis alle festgeschlagen waren.

»Nun, altes Weiblein«, sagte er, »was kannst du jetzt machen?«

Da riß sie - man denke nur! - den Baum mit den Wurzeln aus! Als er das merkte, schlug er mit der Stange auf sie los. Beim Hinfallen riß sie den Baum ganz und gar mit den Wurzeln aus, und so schlug sie mit dem Baume lang zu Boden.

»Nun will ich dir in aller Ruhe den Kopf abhauen«, sagte Seághan.

»Tu's nicht!« bat sie, »ich gebe dir auch mein weißes schlankes Pferd, das so weiß leuchtet wie Schnee - und meine Waffenrüstung und Gewandung, die in keiner Schlacht Mißgeschick haben. Mein halbes Königreich gebe ich dir jetzt und mein ganzes nach meinem Tode.«

»Das alles werde ich haben und deinen Kopf dazu, altes Weiblein«, sprach er, streckte sich und schlug ihr mit seiner Stange das Haupt ab.  - (ir)

 

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