prichwörter Die Katze läßt das Mausen nicht; der Speck läßt nicht von der Schwarte, und keine Atzel heckt eine Taube. Was drei wissen, wissen hundert; wenn die Sackpfeife nicht voll ist, so kirrt sie nicht; es gibt soviel Kälberfelle als Ochsenhäute auf dem Markte; und reicher Leute Kinder und armer Leute Rinder werden bald reif; es ist kein Dörflein so klein, es ist des Jahrs einmal Kirchweih drinnen; wem's Glück will, dem kalbt ein Ochs; keinem fliegen gebratene Tauben ins Maul, und St. Niklas beschert wohl die Kuh, aber liefert sie keinem am Strick; wer lang hat, läßt lang hängen; man hält manchen für fett, der nur geschwollen ist; wenn die Sonne vom Himmel fiele, säßen wir alle im Finstern; auf einem Dorfe ist gut predigen; des Herrn Auge macht das Vieh fett; und wer Eier will, muß der Henne Gackern leiden; hüte dich vor lachenden Wirten und weinenden Pfaffen; wo Gott eine Kirche hat, hat der Teufel ein Wirtshaus daneben; wenn Nürnberg oder Frankfurt mein wäre, wollte ich's in Mainz oder Bamberg verzehren; es stolpert ja auch ein Pferd mit vier Füßen, und der Pfarrer verspricht sich auch auf der Kanzel; wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß; brätst du mir eine Wurst, so lösch ich dir den Durst; Schaum ist kein Bier, und grobe Säcke näht man nicht mit Seide, vierzehn Handwerker, fünfzehn Unglückliche; aber Sauersehen hilft nichts, und Gott hilft nur dem, der sich selbst hilft. - Welche Lebensweisheit in diesen Wörtern! - (kjw)

Sprichwörter (2) „Meinen Namen kann ich schon unterschreiben", sagte Sancho; »denn als ich Einnehmer in meinem Dorfe war, lernte ich ein paar Buchstaben malen, wie man sie auf Warenballen macht, und die Leute sagten, die bedeuteten meinen Namen. Außerdem kann ich tun, als hätte ich die Gicht an der rechten Hand, und einen andern für mich unterzeichnen lassen; es gibt für alles ein Kraut, nur nicht für den Tod. Und wenn ich einmal den Befehl und den Stab in Händen habe, kann ich tun, was mir gut dünkt; zudem, wenn einer den Schultheiß zum Vater hat... Und wenn ich Statthalter bin, was doch mehr als Schultheiß ist, da sollen sie mir nur kommen, sie sollen schon sehen! Oder sie sollen mich einmal schief ansehen und mir nachreden! Aber, aber, da gehen sie nach Wolle aus und kommen geschoren nach Haus. Und wen Gott liebhat, dem merkt es alle Welt an; und des Reichen dumme Redensarten gelten in der Welt für Sprüche Salo-monis; und da ich reich sein werde, wenn ich Statthalter bin, und dazu freigebig sein will, so wird kein Fehler an mir zu sehen sein. Nein, macht euch nur zu Honig, so fressen euch die Fliegen; du giltst soviel, wie du hast, sagte meine Großmutter, und wer ein Rittergut hat und adlig Geschlecht, denk nicht, daß einer an dem dich rächt."

»O daß dich Gott verdamme, Sancho!" fiel hier Don Quijote ein, „daß sechzigtausend Teufel dich und deine Sprichwörter holten! Schon seit einer Stunde häufst du eins aufs andre und trichterst sie mir ein wie Wasser auf der Folter. Ich versichere dir, diese Sprichwörter bringen dich noch eines Tages an den Galgen; um ihretwillen nehmen dir deine Untertanen die Statthalterschaft, oder es bilden sich Bündnisse unter den Ortschaften gegen dich. Sage mir nur, wo du sie her hast, du unwissender Mensch? Oder wie du sie anwendest, du Einfaltspinsel? Ich, wenn ich nur eines beibringen und richtig anwenden will, ich schwitze und mühe mich ab, als wäre ich ein Schatzgräber."

„Um Gottes willen, lieber Herr und Gebieter", antwortete Sancho, „wie regt sich Euer Gnaden doch über gar geringe Dinge auf! Was, zum Teufel, macht es Euch aus, wenn ich mein Eigentum ausnütze? Ich habe ja kein andres und weiter kein Vermögen als Sprichwörter und immer wieder Sprichwörter. Und jetzt eben kommen mir ihrer vier in den Sinn, die aufs Härchen hierhergehören wie Birnen in den Obstkorb; aber ich gebe sie nicht her, denn das Schweigen zur rechten Zeit ist ein großer Heiliger."

„Dieser Heilige bist du nicht", sagte Don Quijote, „denn das Schweigen zu rechter Zeit ist deine Sache nicht, wohl aber das Reden und immerfort Reden zu unrechter Zeit. Aber trotzdem möchte ich wohl wissen, welche vier Sprichwörter dir jetzt in den Sinn gekommen sind, die hierher passen sollten; ich wenigstens, der ich ein gutes Gedächtnis habe, suche überall darin herum, und kein passendes Sprichwort will mir einfallen."

„Was kann es für bessere geben", sagte Sancho, „als die: Man soll den Daumen nie zwischen die Backenzähne stecken, und: Auf ein ,Pack dich aus meinem Hause!' und ,Was willst du mit meinem Weib?' läßt sich nichts antworten; und: Ob Krug wider Stein oder Stein wider Krug, der Krug ist der Verlierer. Alle diese passen aufs Härchen. Mit dem Statthalter soll niemand anbinden, überhaupt mit keinem, der ihm zu befehlen hat, denn er wird den Schaden davon haben, gerade wie der, der den Finger zwischen die Backenzähne hinten steckt; und wenn sie auch nicht hinten sind, falls es nur Backenzähne sind, 's ist kein Unterschied. Und gegen das, was der Statthalter sagt, darauf läßt sich nichts antworten, so wenig wie auf das ,Pack dich!' und 'mein Weib laß ungeschoren!' Und was das mit dem Stein wider Krug betrifft, das kann ja ein Blinder sehen. Demnach muß notwendig, wer den Splitter im fremden Auge sieht, den Balken im seinigen sehen, damit man nicht von ihm sagt: Eine Gestorbene ist arg erschrocken, als sie eine Geköpfte zu sehen bekam. Auch weiß Euer Gnaden ja: Der Dummkopf weiß in seinem Hause mehr als der gescheite Kopf im fremden." - (don)

 Sprichwörter (3) Müßiggang, pflegt man zu sagen, ist aller Laster Anfang. Um dem Laster zu wehren, empfiehlt man die Arbeit. Es ist indessen  leicht ersichtlich, dass die ganze Betrachtung von sehr plebejischer Extraktion ist. Müßiggang als solcher ist keineswegs des Lasters Anfang, im Gegenteil, er ist ein wahrhaft göttliches Leben, wenn man sich nicht langweilt. Freilich, Müßiggang kann den Anlass geben, dass man sein Vermögen verliert usw., doch die adlige Natur fürchtet dergleichen nicht, wohl aber die Langeweile. Die olympischen Götter langweilten sich nicht; sie lebten glücklich in glücklichem Müßiggang. Eine weibliche Schönheit, die weder näht noch spinnt noch bügelt noch liest noch musiziert, ist glücklich im Müßiggang; denn sie langweilt sich nicht, Müßiggang ist also so wenig aller Laster Anfang, dass er vielmehr das wahre Gute ist.

Es gibt eine unermüdliche Tätigkeit, die einen Menschen aus der Welt des Geistes ausschließt und ihn in eine Klasse mit den Tieren setzt, die instinktiv immer in Bewegung sein müssen. Es gibt Menschen, die eine außerordentliche Gabe besitzen, alles in ein Geschäft zu verwandeln, deren ganzes Leben ein Geschäft ist, die sich verlieben und heiraten, einen Witz anhören und ein Kunststück bewundern mit dem gleichen Geschäftseifer, mit dem sie im Kontor arbeiten. Das lateinische Sprichwort otium est pulvinar diaboli (Muße ist der Polstersitz des Teufels) ist durchaus zutreffend; aber der Teufel hat gar keine Zeit, seinen Kopf auf dieses Kissen zu legen, wenn man sich nicht langweilt. - Kierkegaard, Entweder-Oder

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