Spracherfinder   An diesem Morgen mußte er ständig an ägyptische Namen denken, an Toth, bezeichnenderweise Gott der Magie und Erfinder der Sprache. Sie diskutierten eine Weile darüber, ob es nicht schierer Selbstbetrug sei, eine Weile darüber zu diskutieren, da möglicherweise die Sprache, auch wenn sie sie noch so sehr von der Straße bezogen, an einer durchaus nicht beruhigenden mantischen Struktur partizipierte. Sie kamen zu dem Schluß, daß Toths doppeltes Amt schließlich und endlich eine offenkundige Garantie für die Kohärenz von Realität und Irrealität sei. Es freute sie, das immer unerfreuliche Problem des objektiven Korrelats einigermaßen gelöst zu haben. Magie oder berührbare Welt, es gab einen ägyptischen Gott, der die Subjekte und Objekte sprachlich harmonisierte. Alles lief wirklich gut.  - (ray)

Spracherfinder (2)

Wahnsinn ist es daher, an einen Erfinder zu glauben,
Der einst Namen den Dingen verhehn und den Menschen die ersten
Wörter gelehrt. Weshalb hat denn dieser allem es verstanden,
Alles mit Worten zu nennen und Laute verschieden zu bilden,
Während zur selbigen Zeit dies keiner der andern vermochte?  
Wenn zudem nicht auch andre sich untereinander der Sprache
Hätten bedient, wie kam man dazu, den Nutzen der Sprache
Emzusehn, und woher ward diesem zuerst das Vermögen,
Was er gedachte zu tun, im Geiste voraus zu ermessen?
Ebenso war es unmöglich, als einer die vielen zu zwingen,
Daß sie willig sich fügten, die Namen der Dinge zu lernen,
Noch war es irgend leicht, vor tauben Ohren zu lehren
Und ihr Tun zu beraten. Sie würden auch nimmer es dulden
Und durchaus nicht ertragen, wenn einer noch weiter vergeblich
Ihnen das Ohr vollstopfte mit nimmer vernommenen Lauten.
Endlich was ist denn dabei so sehr zu verwundern, wenn wirklich
Unser Menschengeschlecht, deß Stimme und Zunge gesund war,
Nach den verschiednen Gefühlen den Dingen verschiedenen Laut gab.
Läßt doch auch stummes Vieh, ja selbst die Sippen des Wildes
Ganz verschiedene Töne und mancherlei Laute vernehmen,
Wenn bald Furcht, bald Schmerz, bald schwellende Lust sie beweget.
Denn dies läßt sich ja doch aus bekannten Erscheinungen lernen.
Wenn die gewaltige Dogge molossischer Rasse gereizt wird
Und aus dem fleischigen Rachen mit bleckenden Zähnen hervorknurrt,
Klingt ihr Drohn bei verhaltener Wut ganz anders, als wenn sie
Losbellt und schier alles mit ihrem Gebrülle erfüllet.
Oder auch wenn sie die Brut mit der Zunge so zärtlich belecket
Oder sie rollt mit den Pfoten und harmlos beißend sie anfällt
Oder mit achtsamem Zahne die Nesthnge droht zu verschlingen,
Dann ist ihr sanftes Gekläffe doch sehr von dem Belfern verschieden,
Das sie allein vollführt, wenn ihr Herr sie zu Hause gelassen
Oder wenn winselnd dem Schlag sie entflieht mit gekniffenem Leibe.
Scheint nicht ferner das Roß in verschiedenem Tone zu wiehern,
Wenn es als Hengst in der Jugend Kraft rast unter den Stuten,
Mächtig getroffen vom Sporn des geflügelten Gottes der Liebe,
Oder zur Schlacht galoppiert und aus offenen Nüstern voranschnaubt
Oder beim Todesröcheln mit schulternden Gliedern noch wiehert?
Endlich das fliegende Volk und die buntgefiederten Vögel,
Habichte, Adler und Taucher, die über den Wogen des Meeres
Schweben und Nahrung und Leben aus salzigen Fluten gewinnen,
Geben verschiednes Geschrei von sich zu verschiedenen Zeiten,
Und wenn sie streiten ums Fressen und um das Erbeutete kämpfen.
Teilweis ändern sie auch |e nach dem verschiedenen Wetter
Ihr rauhklingend Gekrächz. Als Beispiel nenn' ich das alte
Krähen- und Rabengeschlecht. Man sagt, sie schreien nach Wasser
Und nach Regen und rufen bisweilen auch Winde und Stürme.
Wenn demnach schon die Tiere verschiedne Empfindungen zwingen,
Ob sie auch sprachlos sind, verschiedene Stimmen zu äußern,
Wieviel mehr war der Mensch natürlich damals imstande
Mit verschiedenen Lauten bald dies zu bezeichnen, bald jenes. 

- (luk)

Sprachentwicklung Erfinder


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