Spiegel der Seele (2) Mozziconi suchte nach Nachrichten, die seine Moral heben würden. Er blätterte die Zeitung durch und fand endlich ein Photo von zwei Typen, die lachten und sich die Hände schüttelten.
- Das gefällt mir besser! Er schaute näher hin und sah, daß es sich um zwei korrupte Minister handelte, und unter dem Bild stand geschrieben, wie viele Milliarden Lire sie gestohlen hatten.
- Bald wird es nichts mehr zu stehlen geben, sagte Mozziconi, bald werden sie nicht mehr wissen, was stehlen und arbeitslos sein. Einer der beiden war ein wenig bucklig und hatte ein Gesicht wie ein Priester. Jedermann wußte, daß ihm halb Rom gehörte. Der andere war ein dicker Glatzkopf, der -mit offenem Mund lachte und viele angefaulte Zähne zeigte.
- Die Zähne sind der Spiegel der Seele, sagte Mozziconi.
Er stellte fest, daß er schon wieder ein Sprichwort erfunden hatte.
Es hatte jedoch den Fehler, daß die beiden Minister von der Seele keine Ahnung
hatten. Da beschloß er, das Sprichwort zu vergessen. - Luigi Malerba, Geschichten vom Ufer
des Tiber. Frankfurt am Main 1997
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