Spallanzani   am ende des 18. Jahrhunderts blendete der gelehrte abt spallanzani, der sich durch seine wertvollen physiologischen untersuchungen einen geachteten namen in der wissenschaft erworben hat, fledermäuse durch lackieren der augen und auf andere weise, liess sie dann frei fliegen und war erstaunt, dass sie mit unglaublicher sicherheit das anstossen an hindernisse vermieden, noch immer erstaunt nahm spallanzani den sechsten sinn an, und die ereignisse erscheinen in einem neuen licht, las goldenberg, dem schon die augen zufielen   - Konrad Bayer, der sechste sinn. Roman. Reinbek bei Hamburg 1969

Spallanzani (2) Ich unterhielt mich  am Telefon mit Tom Eisner, dem angesehenen Biologen vom Cornell College in Iowa. Irgendwann sprach er beiläufig von einer Reise nach Italien, die er vor vielen Jahren gemacht hatte, und erzählte, wie ihn beim Aufenthalt in Pavia ein Kollege durch das alte Museum der ehrwürdigen Universität geführt hatte. Als sie in den hinteren Räumen herumstöberten, förderte der Kollege einen Glasbehälter zutage, in dem irgendwelche Organe in einer trüben Flüssigkeit auf und ab trieben. »›Was das hier ist, erraten Sie nie‹, sagte mein Freund herausfordernd«, berichtete Eisner, »und ich versuchte es auch gar nicht erst. ›Der Schwanz und die Eier von Lazzaro Spallanzani!‹« Ich weiß nicht, ob Eisner mein Schweigen am anderen Ende der Leitung entsetzter Verblüffung oder wortkarger Ignoranz zuschrieb, wahrscheinlich (und mit Recht) letzterer. »Spallanzani war einer der großen frühen Naturforscher«, ergänzte er hilfreich. »Achtzehntes Jahrhundert. Er isolierte zum Beispiel als erster Spermatozoen in der Samenflüssigkeit, führte einige großartige Experimente zur Verdauung im Magen durch (er ließ kleine Fleischstücke, die er an einen Faden gebunden hatte, von verschiedenen Raubvögeln fressen, gab vom Faden nur die entsprechende Länge der Strecke bis zum Magen frei und zog dann den Faden ohne das Fleisch, das sich vollständig aufgelöst hatte, wieder heraus, womit er bewies, daß die Verdauung zum großen Teil im Magen vor sich geht und nicht im Gedärm, wie man vorher geglaubt hatte), alle möglichen tollen Sachen.

Jedenfalls berichtete mir mein Kollege, wie Spallanzani während einer der Belagerungen von Pavia - Pavia scheint damals alle Augenblicke belagert worden zu sein - erkannte, daß ihm eine Harnröhreninfektion den Garaus machte; er führte sorgfältig Protokoll über den Fortgang der Krankheit und verfügte, daß seine Kollegen ihn nach seinem Tod einer Autopsie unterziehen sollten, damit sie die Blase und die Nieren höchstpersönlich untersuchen konnten. Nur fiel der Leichnam Spallanzanis Erzfeind und schärfstem Rivalen in die Hände; ich kann mich an den Namen des Kerls nicht erinnern, ein Anatom - wenn ich an ihn denke, fällt mir immer Scarpia ein, der Bösewicht aus Tosca. Wie dem auch sei, dieser Scarpia entnahm dem Leichnam Spallanzanis nicht nur die Blase und die Nieren, sondern auch den ganzen Fortpflanzungsapparat, den er anschließend mit großer Häme zur Schau stellte. Sie dürfen nicht vergessen: Wir sind in Italien, und solch eine öffentliche Entmannung war so ziemlich das Schlimmste, was sich ausdenken ließ, um die Ehre eines Mannes mit Füßen zu treten. Das Ergebnis war, daß sich Jahre später, als Scarpia starb, die alten Schüler von Spallanzani seinen Leichnam schnappten, ihn enthaupteten und den Kopf in einem eigenen Glasbehälter konservierten, der bis zum heutigen Tage auf einem Regal im Museum unmittelbar neben dem von Spallanzani steht.«

Eisner lachte und war dann kurze Zeit still, als sei er in Staunen über die geballte Leidenschaftlichkeit seiner Vorgänger versunken. »Aber Spallanzani war grandios«, fuhr er fort, »hatte die tollsten Eingebungen. Seine Forschungen zur Widerlegung der Idee von der Urzeugung nahmen bereits zur guten Hälfte Pasteur vorweg. Er züchtete Aale. Er beschäftigte sich mit Fledermäusen: schüttete ihnen Wachs in die Ohren, um zu sehen, ob ihr Steuerungssystem dadurch beeinträchtigt wurde ...«  -  (wesch)

 

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