pätling zu sein heißt in der Regel, absichtlich Anstrengungen auf sich zu nehmen, die dem Alter nicht mehr entsprechen.

Ein Spätling sucht sich mit sechzig Jahren Zitate einzuprägen; doch wenn er sie in feuchtfröhlicher Runde vortragen will, läßt ihn sein Gedächtnis im Stich. Von seinem Sohn lernt er die Ausführung der Kommandos ›Rechtsum, Linksum, Kehrt!‹ Für die Heroenfeiern vereinbart er Teilnahme am Fackellauf im Schwarm der Jünglinge. Sollte er in ein Heraklesheiligtum eingeladen werden, wirft er natürlich seinen Mantel ab und legt Hand an beim Hochheben des Stieres, um dem Opfertier den Nacken zurückbiegen zu können. Er sucht die Ringplätze auf und nimmt an den Übungskämpfen teil. Bei den Vorführungen der Gaukler und Künstler verweilt er drei oder vier Vorstellungen hindurch und strengt sich an, die Lieder auswendig zu lernen.

Wird er in die Mysterien des Sabazios eingeweiht, gibt er sich große Mühe, bei dem Priester den Eindruck des Schönsten zu erwecken. Ist er in ein Mädchen verliebt, greift er ihre Türen mit Sturmböcken an, erhält Prügel von seinem Rivalen und wird verklagt. Reitet er, und das auf einem fremden Pferd, aufs Land hinaus, möchte er sich dabei in Reiterkunststückchen üben, stürzt jedoch und schlägt sich ein Loch in den Kopf.

Im Verein der Dekadisten veranstaltet er Versammlungen derer, die mit ihm die gemeinsame Sache fördern wollen. Auch spielt er mit seinem Diener ›Große Bildsäule‹. Bogenschießen und Speerwerfen treibt er mit dem Erzieher seiner Kinder um die Wette; zugleich aber mahnt er ihn, von ihm zu lernen — als ob auch der Erzieher sich nicht darauf verstünde. Beteiligt er sich im Bade am Ringkampf, wackelt er dabei heftig mit seinem Hinterteil, um den Anschein eines vortreiflich Ausgebildeten hervorzurufen. Sind Frauen anwesend, bemüht er sich, einen Tanz vorzuführen, wozu er selbst sich eine Melodie pfeift. - (theo)


Lebenszeit Spät

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