Söhnchen  Außer daß mir die Küche verboten war, durfte ich alles tun, was ich wollte. Ich näßte das Bett, bis ich acht war, einfach weil es Spaß machte. Ich war der absolute Herrscher des Hauses. Nichts war gut genug für mich. Meine Eltern liebten mich abgöttisch. Am DreikÖnigstag bekam ich neben unzähligen anderen Geschenken eine strahlend schöne Königstracht - eine mit großen Topasen besetzte Goldkrone und einen Hermelinumhang; von da an lebte ich fast ununterbrochen in dieser Verkleidung. Wenn die geschäftigen Mädchen mich aus der Küche verjagt hatten, wie oft stand ich dann wie angewurzelt im dunklen Flur - angetan mit meinen königlichen Gewändern, mein Zepter in der einen, einen ledernen Matratzenschläger in der anderen Hand -, vor Wut zitternd und von einem überwältigenden Verlangen besessen, den Mädchen eine Tracht Prügel zu verabreichen. Dies geschah in der quälenden Stunde vor der halluzinogenen Sommermittagshitze. Hinter der halboffenen Küchentür hörte ich das Getrippel dieser tierischen Frauen mit den roten Händen; ich erhaschte flüchtige Blicke von ihren schweren Hinterteilen und wilden Haarmähnen; und aus der Hitze und dem Durcheinander, das der Mischung schwitzender Frauen, versprengter Weintrauben, siedenden Öls, abgezogenen Hasenachselhöhlenfells, mayonnaisebespritzter Scheren, von Nieren und dem Trillern von Kanarienvögeln entstieg, - aus dieser ganzen Mischung wehte mir der unwägbare und vorzeichenhafte Duft des bevorstehenden Mittagessens entgegen, vermengt mit einer Art beißenden Pferdegestanks.   - (dali)
 
 

Sohn

 

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