lalom Einstein,
der sich dem Indeterminismus der Quantenmechanik beharrlich widersetzte, hat
einmal geäußert, daß »Gott nicht mit der Welt würfelt«. Er wollte damit sagen,
daß nicht der Zufall die atomaren Phänomene lenken
könne. Es stellte sich jedoch heraus, daß Gott tatsächlich mit der Welt Würfel
spielt, und zwar nicht nur auf der Ebene der Atome, sondern auch auf der Ebene
der Galaxien, Sterne und Planeten, bezüglich der Anfange des Lebens und der
im Rahmen des Lebens entstehenden vernunftbegabten Wesen. Es zeigte sich, daß
wir unsere Existenz sowohl solchen Katastrophen verdanken,
die »am richtigen Ort und zur rechten Zeit« eintraten, als auch solchen, zu
denen es in anderen Epochen und an anderen Orten nicht gekommen ist. Wir wurden
geboren, nachdem wir mit der Geschichte unseres Sterns, unseres Planeten, der
Biogenese und der Evolution zahlreiche Nadelöhre passiert hatten, und man kann
daher die zehn Milliarden Jahre, welche zwischen der Entstehung der protosolaren
Gaswolke und der Entstehung des Homo sapiens liegen, mit einem gigantischen
Slalomlauf vergleichen, bei dem nicht ein einziges Tor ausgelassen wurde. Wir
wissen inzwischen, daß es viele solcher »Tore« gegeben hat und daß jedes Herausfallen
aus der Bahn die Entstehung des Menschen unmöglich gemacht hätte, aber wir wissen
nicht, wie »breit« diese Bahn mit ihren Kurven und Toren war - mit anderen Worten:
Wie groß die Wahrscheinlichkeit eines »korrekten Laufs« war, dessen Ziel die
Anthropogenese bildete. -
Stanislaw Lem, Das Katastrophenprinzip. Aus Lems Bibliothek des 21. Jahrhunderts.
Frankfurt am Main 1983
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