kandal Beim
Dada-Feste im Saale "Gaveau" war der Skandal gross. Zumn ersten
Male seit die Welt steht warf man auf die Bühne nicht nur Eier, Salatköpfe und
Kleingeld, sondern auch Beefsteaks. Das war ein sehr grosser Erfolg, das
Publikum war sehr dada. Wir hatten schon gesagt, dass die wahren Dadaisten gegen
Dada waren. Philippe Soupault trat als Zauberkünstler auf. Unter
der Beschwörung des Papstes,
Clémenceaus und Fochs flogen Kinderballons
aus einem Koffer und stiegen zur Decke. Paul Souday schrieb in seiner
Kritik im "Temps", dass in der Tat aus einer gewissen Entfernung die
Gesichter dieser beschworenen Persönlichkeiten auf der Oberfläche der Ballons
zu erkennen gewesen waren. Der Saal war dermassen erregt und dle Atmosphäre
so geladen, dass noch manche andere Suggestion einen Schein von Realität gewann.
Ribemont-Dessaignes zeigte einen unbeweglichen Tanz und Fräulein Buffet interpretierte
dadaistische Musik. Eine Momentphotographie bei Magnesiumlicht während
eines Stückes von mir für die Zeitschrift "Comoedia" aufgenommen,
zeigte alle Personen des Saales mit erhobenen Armen und zum Schreien geöffneten
Mündern. Alle Pariser Persönlichkeiten waren anwesend. Mme Rachilde hatte
in einer Zeitung einen Artikel geschrieben, in dem sie einen Poilu aufforderte,
uns mit Revolverschüssen zu töten. -
Tristan Tzara, nach: Adelheid Koch, Ich bin immerhin der größte Experimentator
Österreichs: Raoul Hausmann. DADA und Neodada. Innsbruck 1994
Skandal
(2) Breton hatte
tadellose Manieren und brachte mir vieles bei. Er lehrte mich, wie man
in einem Theater Skandal macht und sich mit Leuten schlägt, die verhindern
wollen, daß Frauen beschimpft werden, die Kindergefängnisse verwalten.
Im April 1936 brachen einige Jugendliche aus einer Besserungsanstalt in
Boulogne-Billancourt aus. Das Ereignis fand großen Anklang in der Presse.
Diese Besserungsanstalt mit dem Namen „Der Gute Hirte" wurde von der
Schauspielerin Marcelle Géniat verwaltet. Sie spielte im Théâtre des Arts
- welch merkwürdiger Zufall - ein Stück über jugendliche Verbrecher mit
dem Titel Les Innocentes. Dieses Stück war von Lilian Hellman,
der Lebensgefährtin von Dashiell Hammett,
geschrieben worden. Immer an der Spitze des Fortschritts,
beschlossen wir von der surrealistischen Gruppe, diese Schauspielerin und
Anstaltsleiterin auszupfeifen. Im Laufe dieses erregten Abends buhten wir
- Breton, Prevert, Eluard, Bataille und ich - Marcelle Genial aus. „Nieder
mit den Kindergefängnissen!" Zusammen mit Georges Bataille, Jean Rougeul
und andern wurde ich verhaftet und vom Polizeigericht wegen „Schreien in
einem Theater" verurteilt. - Léo Malet, Stoff für
viele Leben. Autobiographie. Hamburg 1990 (Edition Nautilus)
Skandal (3)
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