itzung  »Erlauben Sie«, der Lahme rückte sich nervös auf seinem Stuhl zurecht, »wenn wir auch Provinzler sind und natürlich allein schon deswegen bedauernswert erscheinen, so wissen wir doch, daß sich auf der Welt vorerst noch nichts derartig Neues zugetragen hat, daß wir darüber weinen müßten, es nicht bemerkt zu haben. Da fordert man uns nun auf, durch verschiedene zugesteckte Flugblättchen ausländischen Fabrikats, uns zusammenzutun und geheime Gruppen zu bilden, einzig zu dem Zweck, die allgemeine Zerstörung vorzubereiten, und dies mit der Begründung, daß die Welt durch teilweises Herumdoktern doch nicht mehr zu heilen sei, schnitte man aber in radikalem Vorgehen hundert Millionen Köpfe ab, so könne man nach einer solchen Erleichterung sicherer über den Graben springen. Ein herrlicher Gedanke, zweifellos, aber mit der Wirklichkeit mindestens ebenso unvereinbar, wie es auch der „Schigalewismus" ist, über den Sie sich soeben noch so geringschätzig äußerten.«

»Na ja, aber ich bin doch nicht zum Räsonieren hergekommen«, verschnappte sich Werchowenskij gleichsam mit einem bedeutsamen Wort, tat aber dabei, als hätte er das selbst gar nicht bemerkt, und zog ruhig ein Licht näher zu sich heran, um es heller zu haben.

»Schade, wirklich sehr schade, daß Sie nicht zu Erörterungen hergekommen sind, und desgleichen, daß Sie gerade jetzt mit Ihrer Toilette beschäftigt sind.«

»Was hat das mit meiner Toilette zu tun?«

»Die Idee, hundert Millionen Köpfe abzuschlagen, ist ebenso schwer zu verwirklichen wie die Umgestaltung der Welt durch Propaganda. Vielleicht sogar noch schwerer, besonders wenn es in Rußland geschehen soll«, wagte sich Liputin wieder vor.

»Man scheint jetzt allgemein auf Rußland zu hoffen«, bemerkte der eine Offizier.

»Ja, auch wir haben davon gehört, daß man jetzt in der Beziehung auf Rußland hofft«, griff der Lahme die Bemerkung auf. »Es ist uns bekannt, daß auf unser herrliches Vaterland ein geheimnisvoller Index hinweist, wie auf das Land, das zur Ausführung der großen Aufgabe am meisten befähigt sei. Nur bedenken Sie einmal dies: im Fall einer allmählichen Lösung der Aufgabe durch Propaganda hätte zum Beispiel ich persönlich immerhin etwas zu gewinnen, nun, wenn auch nur angenehme Unterhaltung, und von den Vorgesetzten könnte ich sogar eine Rangerhöhung erhalten für meine in der sozialen Sache geleisteten Dienste. Im zweiten Fall dagegen, bei der schnellen Lösung der Aufgabe durch das Abschlagen von hundert Millionen Köpfen — was hätte ich da für eine Belohnung zu erwarten? Fange ich an, dafür Propaganda zu machen, so schneidet man mir womöglich noch die Zunge ab.«

»Ihnen wird man sie bestimmt abschneiden«, sagte Werchowenskij.

»Sehen Sie wohl! Da man aber selbst unter den günstigsten Umständen eine solche Metzelei in fünfzig Jahren, oder meinetwegen auch nur in dreißig, nicht beenden könnte -- denn das sind doch keine Lämmer, die sich protestlos den Hals abschneiden lassen —, so meine ich: sollte es da nicht ratsamer sein, seine Habseligkeiten zusammenzupacken und über stille Meere irgendwohin nach stillen Inseln auszuwandern und dort ungestört in Ruhe seine Augen zu schließen? Glauben Sie mir«, rief er lauter und klopfte bedeutsam mit dem Finger an den Tischrand, »mit einer solchen Propaganda werden Sie nur allgemeine Auswanderung hervorrufen und nichts weiter!« - Fjodor M. Dostojewski, Die Dämonen. Darmstadt  1979 (zuerst 1871/72)

Sitzung (2, psychoanalytische)

Sitzung

- (forn)

Sitzung (3)  Mesmers Popularität machte es erforderlich, Methoden zur gleichzeitigen Behandlung zahlreicher Patienten zu entwickeln (auch dem Gewinn schadeten solche Methoden nicht), und Mesmer erhob bei seiner aristokratischen Kundschaft einen hohen Preis — in zweierlei Hinsicht. Als Meister der Manipulation erkannte er mit Sicherheit den Wert von Gruppenbehandlungen — sowohl den Verstärkereffekt vieler Krisen als auch den einfachen Nutzen der Geselligkeit für die Verbreitung einer Mode als gesellschaftliches Ereignis und medizinische Heilung. Deshalb magnetisierte Mesmer nun unbelebte Gegenstände, und diese geladenen »Körper« setzte er als Hilfsmittel zur Aufhebung der Blockade und zur Heilung ein. Viele zeitgenössische Beschreibungen und bildliche Darstellungen von Mesmers Sitzungen zeigen grundsätzlich die gleiche Szene: Mesmer stellte ein großen Gefäß, baquet genannt, in die Mitte des Zimmers; dann füllte er das baquet mit »magnetisiertem« Wasser und manchmal mit einer Schicht aus Eisenfeilspänen als Quelle. Aus dem baquet ragten etwa 20 dünne Eisenstäbe. Einen davon ergriff die Patietin und führte ihn an die mesmeristischen Pole ihres Körpers. Wenn Mesmer mehr als 20 Personen behandeln wollte, legte er ein Seil von den Patienten, die um das baquet standen und die Stäbe hielten, zu anderen Anwesenden; dabei achtete er darauf, daß das Seil keine Knoten hatte, denn solche Einschnürungen behinderten den magnetischen Fluß. Die Patienten bildeten eine »mesmeristische Kette«, indem sie den linken Daumen des Nachbarn zwischen dem eigenen rechten Daumen und Zeigefinger hielten und gleichzeitig dem nächsten Patienten in der Reihe den linken Daumen reichten. Durch leichtes Drücken des linken Daumens beim Nachbarn konnten die magnetischen Impulse die ganze Kette entlangwandern. - Stephen Jay Gould: Bravo, Brontosaurus. Die verschlungenen Wege der Naturgeschichte. Hamburg 1994

Sitzung (4)   MEDIZINISCH-PSYCHOLOGISCHE GESELLSCHAFT
SITZUNG VOM 28. OKTOBER 1929

Herrn Abélys Bericht über die Tendenzen von Autoren, die sich surrealistisch nennen und über ihre Angriffe gegen die Anstaltsärzie löste folgende Diskussion aus:

DISKUSSION

DR. DE CLÉRAMBAULT: Ich möchte Herrn Professor Janel fragen, welchen Zusammenhang er zwischen dem Geisteszustand der Personen und der Art ihrer literarischen Produktion sieht.

PROFESSOR JANET: Das Manifest der Surrealisten enthält eine interessante philosophische Einführung. Die Surrealisten behaupten, daß die Realität häßlich ist per definitionem; die Schönheit existiere nur in dem, was nicht real sei. Der Mensch habe die Schönheit in die Welt gebracht. Um das Schöne zu produzieren, müsse man sich so weit wie möglich von der Realität entfernen.

Die Werke der Surrealisten sind überwiegend Bekenntnisse von Besessenen und Zweiflern.

DR. DE CLÉRAMBAULT: Die exzessivistischen Künstler, die, manchmal mit Hilfe von Manifesten, Unverschämtheiten unters Volk bringen, die jeder Tradition Hohn sprechen, sind meines Erachtens - ganz gleich, wie sie sich nennen (und um welche Kunstform und Epoche es auch geht) - terminologisch gesehen wohl alle als «Prozedisten» zu beurteilen. Der  Prozedismus besteht darin, sich die Mühe des Denkens und besonders der Beobachtung zu ersparen und sich auf eine vorbestimmte Machart oder Formel zu beschränken, um einen an sich einmaligen schematischen und vorgeplanten Effekt zu erzielen: auf diese Weise produziert man rasch Werke eines bestimmten Stils und unter Vermeidung jeglicher Kritik, die eher möglich wäre, wenn eine Ähnlichkeit mit dem Leben bestünde. Diese Abwertung der Arbeit kann man besonders auf dem Gebiet der bildenden Künste unschwer aufzeigen; aber auch im sprachlichen Bereich kann sie leicht nachgewiesen werden.

Diese Art stolzer Faulheit, die den Prozedismus hervorbringt oder begünstigt, ist keine Eigentümlichkeit unserer Epoche. Im 16. Jahrhundert die Concettisten, Gongoristen und Euphuisten, im 17. Jahrhundert die Preziösen - alle waren sie Prozedisten gewesen. Vadius und Trissotus waren Prozedisten, wenn auch viel gemäßigter und bewußter arbeitend als die heutigen, vielleicht weil sie für ein gewähltes und beleseneres Publikum schrieben. - In: André Breton, Die Manifeste des Surrealismus. Reinbek bei Hamburg 1986 (hier: 2. Manifest 1930. rde 434)

Sitzung (5) Gestern nahm ich an einer spiritistischen Sitzung teil im Altendamenheim Haus Luise, wo ich zu einem smarten Hering mit konzilianten Bohnen eingeladen war. Eine gnädige Frau, Typ Adele Sandrock, hob die Lorgnette und frug: »Lohnt es sich für mich noch, einen neuen Teppich zu kaufen?« Der Geist nach einigem Zögern hob das Beinchen und: »Lohnt sich.« Ein älterer Oberlandesgerichtspräsident trat in Verkehr mit drei verblichenen Dienerinnen der Venus, die eine possierliche Schilderung ihres Geschäfts im Jenseits gaben; es ist doch was dran an den mohammedanischen Huris. Ich frug: Besteht der Mond aus Plagioklas oder Molybdän?.. Der Geist schwieg. - Hans Jürgen von der Wense, Von Aas bis Zylinder, Bd. I. Frankfurt am Main 2005

Sitzung (6)  Jupiter, Wut und Galle, plärrte zur Erde. Zum Himmel zu schreien, wo er regiert, wäre für ihn keine Empfehlung gewesen. Er befahl, alle Götter sollten zur himmlischen Ratsversammlung angestolpert kommen. Mars, der Don Quijote der Götter, kam mit Waffen und Sturmhaube, einen Winzerspieß unter die Achsel geklemmt, und teilte Stöße aus, an seiner Seite der Dilldapp unter den Göttern, Bacchus, im Weinrankenhaar, den Blick umnebelt, das Maul eine Kelter, daraus strömten Rülpser, trunken die Rede, torkelnd der Gang, und der ganze Verstand in der Gewalt der Trauben. Von der anderen Seite hinkte Saturn herbei, der göttliche Kinderschreck, der Kinderfresser, und stopfte sich die seinigen in großen Happen in den Mund. Mit ihm kam der wäßrige Gott, Neptun, triefend, als Szepter einen Vettelskinnbacken, denn das ist auf gut spanisch der Dreizahn. Er war voller Schlamm und in Algen gewidielt, er roch nach Freitag und Fasten, bespritzte den rußigen Pluto, der ihm folgte, und die Drecksuppe war fertig. Pluto, ein Teufelsgott, das Gesicht mit Ruß und Pech beschmiert, mit Schwefel und Pulver verräuchert, angetan mit derart dunklen Kulten und Kulte-ranisten, daß ihm Sol, der Sonnengott, nie ganz aufging, der hinter ihm mit seiner Messingphysiognomie und den Rauschgoldbärten kam: rötlich, hurtig, der Abhasplet der Lebenstage, Gott der Berberei, mit Gitarrengeklimper und Passacaglien verehrt und beschäftigt, einen Tag an den anderen zu stoppeln, Jahre, Jahrhunderte aufzufädeln und im Verein mit schweren Nachtmählern Totenschädel zu fabrizieren.

Venus kam, und die Sphärenkreise knarrten mit den Eisenspangen ihres Reifrocks, wobei sie die fünf Erdstriche mit ihren Röcken über und über verhüllte. Ihr Schnäuzchen war nur halb geschminkt und der Knoten, der wie eine Büßermütze auf ihrem Kürbis saß, nicht recht aufgetakelt: so hatte sie sich beeilt. Hinterdrein arn Lima, das Gesicht zersichelt, ein Stern in schlechter Münze, ein Licht in Vierteln, ein Jungfräulein, das wie die Scharwache die Runde macht und Laternen und Nachtlichtlein sparen hilft. Gott Pan kam mit großem Gesumse und schnaubte mit zwei Herden von minderen Göttern, Faunen, Ziegenhaarigen und Hornfüßlern daher. Der ganze Himmel kochte von Manen, Lemuren, Penaten und anderen schmutzigen Kleingöttern über. Sie knotzten sich alle in Stühle, die Göttinnen legten die Hände in den Schoß, spitzten ehrfurchtsvoll und aufmerksam die Göschchen Jupiter entgegen. Da erhob sich denn Mars, es schepperte wie Töpfe und Pfannen, und sprach nach Art der Strauchritter: »O daß dich der Donner, oberster Donnerer! dem der Himmel zu Füßen liegt! Mach dein Maul auf und sprich: sieht es doch aus, als schnarchtest du!« - Francisco de Quevedo, Die Träume. Die Fortuna mit Hirn oder die Stunde aller. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1627)

Sitzung (7)  

Sitzung (8)   Während der Sitzung durchbohrte ich den Ersten Präsidenten mit meinen Blicken, die ich beharrlich auf ihn losließ und abschoß. Die Beleidigung, die Verachtung, der Abscheu, der Triumph wurden aus meinen Augen bis tief in sein Innerstes getragen; oft senkte er den Blick, wenn er den meinen begegnete; ein oder zweimal heftete er ihn auf mich, und ich brachte ihn mit meinem verstohlenen, aber finsteren Lächeln vollends zur Weißglut. Ich weidete mich an seiner Wut und genoß es, ihn das spüren zu lassen.- (sim)

Sitzung (9)  Ich kam zueinem großen Palast, um den sich eine große Menschenmenge versammelt hatte und der von einer großen Anzahl Leute bewohnt zu werden schien, welche sich auf den ersten Anblick von den übrigen Menschen nur durch charakteristischere mürrischere Häßlichkeit unterscheiden, die ich ihrer Gewohnheit zuschrieb, sich mit ernsten Gedanken zu beschäftigen. Merkwürdig war dabei, daß alle auf einmal reden wollten, daß sie schrien, hin- und herliefen, kurz einen Lärm machten, daß ich kein Wort verstehen konnte. Und dieser Sitzung sollen fast alle gleichen, wie man mir versichert, ich brauche deshalb keiner anderen beizuwohnen*. 

* Hier irrt sich die verehrte Giraffe offenbar, und zwar in einer beleidigenden Weise. Da sie sich in dem Botanischen Garten befindet, konnte sie unmöglich die Deputiertenkammer besuchen, die sie zu beschreiben glaubt. Sie sah offenbar nur das Affenhaus. - Der Herausgeber

- (grand)

Sitzung  (10, psychoanalytische, 2)

Sie gehen zum Psychoanalytiker. Sie legen sich auf Couch. Nach Entjungferung sagen Sie: »Scheiße, wenn das nur mein Papi gewesen wäre.« Der Psychoanalytiker sagt: »Hm.« Sie schweigen beide bis zum Ende der Stunde.

Dann sagen Sie (mit einem Augenzwinkern): »Bis zum nächsten Mal, Paps.«

 

Der Psychoanalytiker ist eine neutrale Leinwand für Ihre Projektionen, und zudern, wer sagt Ihnen, daß er nicht wirklich Ihr Vater ist?           MISS H. P.

  - Hyacinthe Phypps & Edward Gorey, Das jüngst entjungferte Mädchen. Das rechte Wort am unrechten Ort. Zürich 1971 (detebe 101, zuerst 1966)

Sitzung (11)   Sie verhalten sich fast vollkommen ruhig, aber sie richten ihre Augen oder Strahler oder was sie sonst dort haben mögen, auf den Redenden, also jetzt auf mich, was schon ein unheimliches Gefühl erzeugt. Ich gebe zu, sie gehen mir und meinen Kollegen elegant aus dem Wege, noch nie ist jemand von uns über einen Limbdisten gestolpert, nie wurde einer von einem berührt, nicht einmal zufällig, aber wenn wir Maßnahmen beschließen wollen, wie etwa solche zur Verteidigung der Freiheit, die bekanntlich immer zu verteidigen ist, nicht unbedingt für uns, aber doch für andere, beginnen die Limbdisten unangenehm zu wispern, sehr leise zwar, aber es geht einem doch so auf den Geist, daß eine tiefschürfende Erörterung des Gegenstandes nicht mehr möglich ist. Und immer hat man das Gefühl, von ihren Augen oder Strahlern oder wie diese Organe sonst fachlich bezeichnet werden müssen, ausgeleuchtet zu werden, wodurch man sich, entschuldigen Sie, nackt vorkommt. Als wir den Bau des neuen Plastophengroßkombinats beschließen wollten, das ganz Europa bis weit ins nächste Jahrtausend mit plastophenernen Gebrauchsgütern versorgen sollte und eine umfassende Plastophenkultur hätte begründen können, kamen wir nicht dazu, weil die Limbdisten, die mittels ihrer besonderen Riechorgane eventuelle Dämpfe, die vom Kombinat unter Umständen ausgehen würden, bereits wahrnahmen, obwohl das Kombinat ja noch nicht einmal verbal bestand. Durch nervenzerrüttende Schnief- und Schnüffelgeräusche brachten sie jeden konkreten Beschlußfassungsversuch zum Scheitern. Natürlich haben wir von Anfang an etwas gegen diese Störaktionen getan, unsere Sicherheitsbeauftragten und auch wir selber versuchten, die Limbdisten durch Boxhiebe sowie Fußtritte zu vertreiben, aber sie wichen entweder geschickt aus oder ihre äußere Hülle nahm unsere Tätlichkeiten nicht an, so daß wir uns ungewollt gegenseitig Fußtritte verpaßten. Sie mit gezielten Schüssen aus unseren weltweit anerkannten und preisgekrönten Maschinenpistolen durchlöchern zu wollen, hatte nur den Erfolg, daß wir unsere eigenen Wände beziehungsweise daß die Pistolenschützen sich selbst durchlöcherten.  - Johanna Braun, Günter Braun: Limbdisten. In: Phantastische Träume. Hg. Franz Rottensteiner. Frankfurt am Main 1983 (Phantastische Bibliothek 100)

Sitzung (12)

"Strategen"

- Paul Rumsey

Sitzung (13)  Hahahaha, haha, ha, hum, sagte Mr. de Baker. Keine anderen Fragen mehr, ehe ich zu Bett gehe? sagte Mr. Fitzwein. Ich wollte gerade eine Frage zur Sprache bringen, sagte Mr. O'Meldon, als man mir ins Wort fiel. Vielleicht könnte er dort fortfahren, wo er stehengeblieben war, sagte Mr. Magershon. Bei der Frage, die ich gerade zur Sprache bringen wollte, sagte Mr. O'Meldon, als man mir ins Wort fiel, ging es darum, daß von den zwei Zahlenkolonnen, die ich heute abend hier vor mir habe, die eine oder -. Er hat dies schon zweimal gesagt, sagte Mr. MacStern. Wenn nicht dreimal, sagte Mr. de Baker. Fahren Sie da fort, wo Sie stehengeblieben waren, sagte Mr. Magershon, nicht da, wo Sie begonnen hatten. Oder sind Sie wie Darwins Raupe? Darwins was? sagte Mr. de Baker. Darwins Raupe, sagte Mr, Magershon. Woran haperte es denn bei der? sagte Mr. MacStern. Es haperte bei ihr daran, sagte Mr. Magershon, daß wenn sie beim Spinnen ihrer Puppe gestört wurde —. Sind wir hier, um über Raupen zu reden? sagte Mr. O'Meldon. Bringen Sie um Gottes willen Ihre Frage zur Sprache, sagte Mr. Fitzwein, und lassen Sie mich nach Hause gehen, zu meiner Frau. - (wat)

Sitzung (14)  Mit Anlauf springt er über die blankpolierte Glatze eines Stahlindustriellen hinweg auf die blankpolierte Tischplatte, schliddert sechs Meter weit über die gewachste Fläche und baut sich vor dem Mann an der gegenüberliegenden Schmalseite auf, der ein höfliches, hm, hochnäsiges Lächeln im Gesicht trägt. «Mossmoon, ich weiß Bescheid.» Hat er es wirklich geschafft, ins Innerste, mitten unter die Kapuzen, Augenschlitze, goldenen Paraphernalien, den Weihrauch und das Schenkelknochenzepter?

«Das ist nicht Mossmoon», räuspert sich Mr. Pomtsman, «und jetzt kommen Sie bitte vom Tisch herunter, Mexico ... Gentlemen, darf ich vorstellen, einer meiner alten PISCES-Kol-legen, brillant, aber ein wenig labil, wie Sie vielleicht schon bemerkt haben - oh, Mexico, nun wirklich -»

Roger hat seinen Hosenschlitz aufgeknöpft, seinen Schwanz rausgezogen und begonnen, auf den glänzenden Tisch zu pissen, auf die Papiere, in die Aschenbecher und sehr bald schon auf die pokergesichtigen Männer selber, welche, obschon von dem Holz, aus dem man Führungskräfte eben schnitzt, gewöhnt an schnelle Entscheidungen, noch immer nicht akzeptieren zu wollen scheinen, daß so was überhaupt passieren kann in einer Welt, die noch in so, in zu vielen Punkten jener gleicht, in der sie leben ... und eigentlich ist dieser Wasserfall aus warmer Pisse auch ganz angenehm, wie er so vorbeischwenkt über die Zehn-Pfund-Krawatten, die kreativen kleinen Bärtchen, rauf in ein leberfleckiges Nasenloch, quer über die Gläser einer stählernen Armee-Dienstbrille, prasselnd auf gestärkte Hemdbrüste, Phi-Beta-Kappa-Schlüssel, Ehrenlegionärsbändchen, Leninorden, Eiserne und Viktoriakreuze, Ruhestands-Uhrketten, Dewey-for-President-Nadeln, halb entblößte Schulterhalfter mit Pistolen und dort selbst einem abgesägten Schrotgewehr ...   - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981
 

 

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