innsuche

Du schläfst so sanft auf einem Stempelkissen.
Die Affen in der Konstruktion der Luft
erklettern den Zenith in morschem Duft
bis diese Welt aus ihrem Leim gerissen.

In deinen Magen fliehn betörte Motten
und weben dort obszöne Gobelins;
ein Ehebruchs-Detektiv, hartgesotten,
erlag dem Dolch des Kaufhaus-Mannequins.

Es starrt der Derwisch bleich und unablässig
auf seines Nabels hypnogenen Punkt,
und der Hoteldieb, complaisant-gehässig,
aus Nagasaki der Geliebten funkt.

Im siebten Stock erschien vorm Küchenfenster
das Luftreptil als dubiöses Omen.
Beim Twostep anatomischer Gespenster
starb man gelassen unter Hirnsymptomen.

Dient man als Fraß den feisten Botokuden?
Der gourmandise schöner Krokodile?
s' ist einerlei. In alten Kirmißbuden
steh lieber Kopf auf einem Billardstiele!

-  Edgar Firn, Bibergeil. Pedantische Liebeslieder (1919)

Sinnsuche (2)

- F. W.Bernstein

Sinnsuche (3)  Und warum sollte man eigentlich die Leute hindern zu sterben, wo doch der Tod das normale und gesetzliche Ende eines jeden Menschen ist? Und was konnte es nützen, wenn irgendein Krämer oder ein Beamter weitere fünf oder zehn Jahre zu leben hätte? Erblickte man aber das Ziel der Medizin darin, durch Arzneien das Leiden zu lindem, dann erhob sich ganz unwillkürlich die Frage: warum eigentlich lindern? Denn erstens sagt man, daß Leiden den Menschen zur Vollendung führt, und zum anderen: wenn die Menschheit sich nun in der Tat daran gewöhnen wollte, ihre Leiden durch Pillen und Tropfen zu lindern, dann könnte es kommen, daß sie Religion und Philosophie, in denen sie bis jetzt nicht nur Hilfe vor jeder Not, sondern sogar Glück gefunden, völlig vernachlässigen würde. Puschkin erlitt vor seinem Tode schreckliche Qualen, der ärmste Heine lag jahrelang gelähmt; warum sollte da irgendein Andrej Jefimytsch oder eine Matrjona Sawischna, deren Leben völlig sinnlos ist, nicht krank sein, wo es doch sonst völlig inhaltslos wäre, völlig leer und dem Leben einer Amöbe ähneln würde, wenn keine Leiden wären?  - Anton Tschechow, Krankenhauszimmer Nr. 6.  Nach (tsch)

Sinnsuche (4)  »So lehnen Sie auch die Medizin ab?«

»Ja. Sie wäre nur vonnöten zur Erforschung der Krankheiten als Naturerscheinungen und nicht zu deren Heilung. Wenn schon geheilt werden muß, dann nicht Krankheiten, sondern ihre Ursachen. Schaffen Sie die Hauptursache ab, die physische Arbeit, und es wird keine Krankheiten mehr geben. Ich erkenne keine Wissenschaft an, die heilt«, fuhr ich erregt fort. »Wenn Wissenschaften und Künste echt sind, dienen sie nicht dem Zeitlichen und nicht privaten Zielen, sondern dem Ewigen und Allgemeinen - dann suchen sie nach Wahrheit und dem Sinn des Lebens, dann suchen sie nach Gott und der Seele; wenn man sie jedoch an die Nöte und Beschwerden des Tages heftet, an Apothekerschränkcheii und kleine Bibliotheken, dann komplizieren sie nur und beschweren sie nur das Leben. Es gibt viele Ärzte unter uns, Pharmazeuten, Juristen, es gibt viele gebildete Menschen, aber es sind gar keine Biologen darunter, keine Mathematiker, Philosophen und Poeten. Der ganze Verstand, die ganze seelische Energie sind mit der Befriedigung zeitlicher, vergänglicher Bedürfnisse draufgegangcn ... Die Arbeit der Gelehrten, Schriftsteller und Künstler brodelt nur so, dank ihr wachsen die Annehmlichkeiten des Lebens mit jedem Tag, es vermehren sich die Bedürfnisse des Leibes; der Weg zur Wahrheit indes ist noch fern, und der Mensch ist nach wie vor das allerraubgierigste und das aller-unsauberste Tier, und so fügt sich alles zu dem einen, daß die Menschheit in ihrer Mehrzahl ausstcrbcn und für immer alle Lebensfähigkeit verlieren muß. Unter diesen Umständen hat das Leben des Künstlers keinen Sinn, und je talentvoller er ist, desto seltsamer und unverständlicher ist die Rolle, die er spielt, da man es beweisen kann, daß er nur für das Amüsement des unsauberen Raubtieres arbeitet, wenn er die bestehende Ordnung aufrechterhält. Und darum will ich nicht arbeiten und werde es nicht... Es ist nichts nötig, und mag die Erde nur ruhig zur Hölle geben!«  - Anton Tschechow, Das Haus mit dem Mezzanin. nach (tsch)

 

Sinn

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme