Sinken Langsam sank die Welt an mir vorbei. Oder ich an ihr. Oder Luftblasen an mir. Oder ich an ihnen. Und endlich war das Gefühl der Panik verschwunden. Ich sank und sank und dachte nach, aber nur, weil sich das Nachdenken nicht sofort abstellt. Denn was ich dachte, war noch leerer als eine der Luftblasen, war ohne Inhalt und von so zerbrechlicher Form, dass ich es gar nicht richtig zu bedenken wagte, sondern nur eine Weile in meinem Kopf hinter den Augen behielt, bis es sich von selbst auflöste, nach unten in die Lunge drückte und mir die Luft herauspresste. Die Pflanzen, an denen ich vorbeisank, waren aus grauem Filz. Jemand hatte sie aus Jugendherbergsdecken ausgeschnitten, denn ich konnte hier und da das Wort Fußende auf ihren Blättern er­kennen. Dahinter war unscharf eine Uhr zu sehen. Es war ein roter Wecker mit phosphoreszierenden Zeigern, wie ich ihn mir auf dem Nachttisch an meinem Sterbebett gewünscht hätte, weil es in unserer Familie seit Generationen üblich ist, dass man den Sterbenden diesen roten Wecker neben das Bett stellt. Mütter erkennen ihre Kinder nicht mehr, die winkend auf sie zulaufen, und Kinder erkennen ihre Mütter nicht mehr, wenn sie nach der Schule an ihre Autos gelehnt auf sie warten. Zugegeben, das dachte ich noch, während ich den Boden erreichte. Das Fallen hatte ein Ende, und ich konnte mich hinhocken, während die letzte Luft aus meinen Lungen strömte und meine rechte Hand wie die einer Marionette noch einmal neben mir nach oben schwebte, als wollte sie winken. Es war seltsam, dass ich für eine ganze Weile so bleiben konn­te, ohne mich zu rühren. Selbst meine rechte Hand kehrte wieder nach unten zurück und legte sich zur Linken in meinen Schoß. Und gerade wunderte ich mich, wie lange man ohne Luft auskommen kann, als ich gepackt, nach oben gezogen, geschüttelt, in die Brust geboxt und geohrfeigt wurde. Links und rechts und wieder links. - (raf)
 

Fallen

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