icherheit
Machiavelli weist nach, daß eine Festung militärisch betrachtet
immer ein Fehler ist. Sie wird zum Symbol für
die Isolation der Macht und ist ein leichtes Ziel
für die Feinde des Erbauers. Die Festung soll schützen, doch in Wahrheit
schneidet sie die Hilfe ab und engt die Flexibilität ein. Sie mag uneinnehmbar
erscheinen, doch sobald Sie sich darin verschanzen, weiß jeder, wo Sie
sich befinden. Und eine Belagerung muß noch gar nicht erfolgreich sein,
um die Festung schon in ein Gefängnis zu verwandeln. Ihre räumliche Enge
und Beschränktheit macht Festungen zudem extrem anfällig für die Pest
und andere Infektionskrankheiten. - (
macht
)
Sicherheit
(2) Verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung
Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz
Präventive
Strafverhinderung
Grundrecht auf Sicherheit
Präventivbefugnisse
Vorhaltung
von Verbindungs- und Standortdaten
LKW-Maut, Verkehrsdaten, Bewegungsprofil,
Datenabgleich (besondere Formen)
Online-Durchsuchung, Ausforschungsmaßnahme,
Bundestrojaner
"Das Internet ist eine Welt, in der jede Sauerei
dieser Welt stattfindet" (Dieter Wiefelspütz, SPD-Sicherheitsexperte)
Effizienz,
Manipulation, Programmierfehler
Erkennungsdienstliche Behandlung der Gesamtbevölkerung
Präventivüberwachung
Fingerabdruckkartei
Genetische
Volksverdatung
Datenschützer sind naiv
Akustische Wohnraumüberwachung
Durchleuchtung,
Gefahrenabwehr, Rundumüberwachung
Kontakt- und Begleitpersonen
Informationszusammenführung
Versteckt
gespeicherte Daten
Anti-Terror-Datei: 13 000 Personen = Gefährder im polizeilichen
Sinn + gewaltgeneigtes Umfeld
Gemeinsame-Dateien-Gesetz
Projektbezogene
gemeinsame Dateien ("Projektdateien")
RFID, Finanzdaten, informationelles
Selbstbestimmungsrecht
- Aus: Stefan Krempl, Jürgen Kuri: Der Schäuble-Katalog.
c't 9 / 2007
Sicherheit
(3) Auf dem Höhepunkt der Schreckensherrschaft gibt
es in Frankreich ungefähr 21 000 Überwachungsausschüsse, die in jeder Gemeinde
und Sektion aus solchen Bürgern gebildet werden, welche sich durch Eifer und
Hingabe an die Sache der Revolution hervorgetan haben. Um die Tätigkeit dieser
Ausschüsse zu unterstützen, sind alle Hausbesitzer, Pförtner, Gastwirte, Hofbesitzer
und sonstigen Inhaber von Wohnstätten gehalten, an der Haustür oder an einer
anderen sichtbaren Stelle und in deutlicher Schrift eine Liste aller Hausbewohner
mit Angabe ihres Alters und ihrer Beschäftigung anzubringen. Außerdem muß jeder
Bürger ständig den sogenannten Bürgerausweis (certificat de civisme) bei sich
tragen, der dem Inhaber seine republikanische Gesinnung bescheinigt und der
nur nach einem Gutachten der örtlichen Jakobinergesellschaft und nach bestandenem
Examen vor dem Generalrat der Kommune ausgestellt wird. Nicht nur die Polizei
oder sonstige Vertreter der Obrigkeit, nein, jeder Bürger hat das Recht, einen
verdächtig erscheinenden Menschen nach dieser Bescheinigung zu fragen und ihn
festnehmen zu lassen, falls er sie nicht vorweisen kann. Ehemalige Aristokraten
erhalten den Ausweis grundsätzlich nicht, andere Personen nur, wenn sie republikanische
Betätigung nachweisen oder eine einflußreiche Empfehlung vorbringen können.
Der Ausweis schützt zunächst gegen das Mißtrauen der Mitbürger und die Neugier
der Polizei, später wird er für zahlreiche Erfordernisse des täglichen Lebens
unerläßlich und muß stellenweise beim Einkauf von Brot und anderen staatlich
rationierten und kontrollierten Lebensmitteln vorgewiesen werden. Auch gibt
es eine Reihe von Berufen, die nur vom Inhaber des Ausweises ausgeübt werden
können, und zwar nicht nur öffentliche Ämter, sondern auch die Anwaltspraxis
und ähnliche Tätigkeiten, die zwischen der Obrigkeit und dem Bürger vermitteln.
Schließlich wird er das einzige Mittel, die persönliche Sicherheit zu verteidigen,
denn das berühmte Verdächtigen-Gesetz ermächtigt
die Behörden, alle diejenigen Personen in Haft zu nehmen und der Staatsanwaltschaft
zuzuführen, die den Ausweis nicht besitzen. - Friedrich Sieburg, Robespierre. München 1965 (zuerst 1935)
Sicherheit
(innere) Nicht selten, dass er sich nach Feierabend - auf eigene Rechnung
selbstverständlich - manch kleine Sicherheitsleistung gönnt. So lässt
er beispielsweise regelmäßig seine privaten Telefongespräche abhören,
auf dass so, wie er sagt, jedes Verbrechen verhindert wird, das er
vielleicht mal plant. Auch führt Schäuble in seiner Freizeit ständig
ein Stempelkissen bei sich, um, wann immer ihm dies angeraten
erscheint, Fingerabdrücke von sich nehmen zu können. Nach
Auslandsreisen lässt er sich von Spezialisten der Bundespolizei
abtasten. Er habe sich zwar überhaupt nichts vorzuwerfen, pflegt er
dann den Männern mit den weißen Handschuhen zu sagen, aber man wisse
schließlich nie. Sie sollten ihn nur recht gründlich befühlen. Er
jedenfalls wolle hundertprozentig sicher sein, dass er er an keiner
Stelle seines Körpers irgendetwas an den Behörden vorbei ins Land zu
schmuggeln versuche. - Fritz Tietz,
TAZ-Wahrheit
vom 18. Juni 2007
Sicherheit (5)
- Charles M. Schulz, This is your life, Charlie Brown! London
1969 (Hodder Fawcett Coronet Books, zuerst ca. 1960)
Sicherheit (6) Die Notwendigkeit, fortgesetzt auf Ängste reagieren zu müssen, hat im Menschen ein besonderes Bedürfnis nach Sicherheit erzeugt. Im Laufe der Zeiten sind zwischen den Mitgliedern aller kleinen Menschengemeinden fortgesetzt Sicherheitsverträge abgeschlossen (und oft auch gebrochen) worden. Diese Sicherheitsverträge sind das Labilste, was es in der Welt geben kann, da die Ansprüche an Sicherheit sich bei allen fortgesetzt ändern. Die Sicherheitsverträge würde man als »Contrat Social« bezeichnen. Den Contrat Social absolut zu verallgemeinern und auf eine einzige Formel zu bringen ist unmöglich. Der schlechteste Versuch dieser Art, der zugleich der bekannteste ist, sind die zehn Gebote Gottes. Der Versuch war schlecht, weil schon zur Zeit der ersten Niederschrift Partei genommen war für eine gewisse Minderheit. »Du sollst nicht stehlen«, hieß auch damals schon: Wir, eine kleine Gruppe, besitzen Werte, und wir werden es unerbittlich rächen, wenn man uns diese Dinge wegnimmt. Es hieß weiter: »Du sollst nicht töten« - aber ich darf es, und ich werde Kriege arrangieren, wie es mir paßt, und dabei dich anstellen, dieses Töten durchzuführen.
Dieser Contrat Social ist so wenig gehalten worden im Laufe der Jahrtausende,
daß auch er heute immer noch nur auf Papier steht. -
Ernst Fuhrmann, Die Angst als soziales Problem. Nach (
fuhr
)
Sicherheit
(7) Einer kam zu uns in den Keller
und sprach: Ihr müßt jetzt herauskommen, das ganze Haus brennt und wird gleich
einstürzen. Die meisten wollten nicht, sie meinten, sie wären dort sicher. Aber
sie sind alle umgekommen. Einige von uns hörten auf ihn. Doch es gehörte viel
dazu. Wir mußten durch ein Loch hinaus, und vor dem Loch
schlugen immer die Flammen hin und her. Es ist gar nicht so schlimm, sagte er,
ich bin doch auch zu euch hereingekommen. Da wickelte ich mir eine nasse Decke
um den Kopf und kroch hinaus. Dann waren wir hindurch. Einige sind dann auf
der Straße noch umgefallen. Wir konnten uns nicht um sie kümmern. - Hans
Erich Nossack, Der Untergang. Frankfurt am Main 1987 (zuerst 1948)
Sicherheit
(8) Um vor den Menschen sicher zu sein, ist es gut, sich
der natürlichen Mittel (Herrschaft und Königtum) zu bedienen, die dies möglich
machen. - Epikur, nach
(diol)
Sicherheit
(9) Wenn auch die Sicherheit vor den Menschen bis
zu einem gewissen Grade erreicht wird durch die Macht,
andere zu vertreiben, sowie durch Benutzung der durch den Reichtum gebotenen
Mittel, so erwächst doch die echteste Sicherheit daraus, daß man ein stilles
und der großen Menge ausweichendes Dasein führt. - Epikur,
nach
(diol)
Sicherheit
(10) Es gibt keine Sicherheit, es gibt nur Gelegenheiten.
- General Douglas MacArthur, nach: Charles Willeford, Neue Hoffnung für die Toten.
Berlin 2002 (zuerst 1985)
Sicherheit (11) Er sah also die Anarchie kommen, - und er fragte sich, ob dies nicht notgedrungen zum Zusammenbruch des ganzen Systems führen müsse. Wahrscheinlich war es zu bejahen ... und er wußte, daß er sich mit solchen Gedanken auf dem Glatteis befand. Mit solchen Gedanken forderte er geradezu heraus, daß ihm nähere Aufmerksamkeit zuteil wurde. Dabei war es gleichgültig, daß diese Gedanken keinem außer ihm selbst bekannt waren: er dachte sie nur hier unten im Keller, niemals hätte er sie oben bei Licht gedacht ... das Sonnenlicht, so schien ihm, mußte die Erregung, die auf eine solche Idee folgte, zwangsläufig auf seine Stirn rufen, der Gedanke mußte sich sprechend in der tief abfallenden Form seiner Mundwinkel abbilden, oder es wäre, als könne der Schweißfilm auf seiner Gesichtshaut nur einen Schluß zulassen: er hatte an das Ende gedacht ... und nicht an den Anfang, wenn er sich blind wie ein Maulwurf hinauf an den Tag wagte.
Vielleicht aber hatte es gar keine Bedeutung, wenn ein solcher Gedanke ruchbar wurde? Eigentlich mußte er zugeben, daß der Dienst, dem er unterstand, dergleichen Überlegungen ganz folgerichtig hervorbrachte. Und es schloß sich daran konsequent die Notwendigkeit ... unbedingt sogar die erstrangige Notwendigkeit... die Mitarbeiter bei diesem Dienst zu überwachen: Sicherheit war die Einhaltung einer unendlichen Konsequenz! Die Diensthabenden in der Ausübung ihrer Funktion zu überwachen, die Überwachenden zu überwachen, die Wachsamkeit gegenüber den zwangsläufig auftretenden Eigengedanken der Überwacher aufrechtzuerhalten durch das Wissen, daß sie überwacht waren ... den Schlaf zu überwachen ... zu überwachen, daß im Schlaf nur das Ich eingeschlafen war, während die Überwachung ihrer Konsequenz folgte.
Ziel des Dienstes war es, alle... Ich sagte: alle! dachte er. Ausnahmslos
alle ... zu Mitarbeitern des Dienstes zu machen,
auch wenn dieser Gedanke wahnsinnig klang. Damit alle von allen überwacht
werden konnten, - das war die Sicherheit, die ihren Namen verdiente. - Nein,
der Gedanke war nicht neu ... allein damit aber war der Dienst nicht nur für
den einzelnen da, sondern er war Dienst für alle. War dies nicht das unausgesprochene
Ziel aller großen Utopien, von Platon über Bacon bis Marx und Lenin? Daß jeder
jeden in der Hand hatte, vielleicht war dies das letztendliche Ziel des utopischen
Denkens ... und daher das geheime Verlangen der Utopisten nach Anarchie, die
den Gedanken an den Zusammenbruch zutage fördert und den Dienst an der Überwachung
der Gedanken erst notwendig macht. Im Grunde hätten sie einverstanden mit ihrer
eigenen Überwachung sein müssen, die Utopisten... und waren sie es am Ende nicht
auch?- (ich)
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