Sich vorwagen   Hine-nui-te-po war wahrhaftig eine mächtige Göttin. Maui wollte durch die scharfzahnig umrandete Vagina der Hine in ihren Uterus vordringen, um so dem Geheimnis von Leben und Tod auf die Spur zu kommen; durch ihren Mund wollte er wieder aus ihrem Körper austreten, und ihr Tod sollte das ewige Leben für die Menschen bringen. Maui hatte seinen Begleitern genaue Anweisungen gegeben, wie sie sich nach der Ankunft bei Hine-nui-te-po, und vor allem dann verhalten sollten, wenn er schließlich in Hine eindränge: »Auf keinen Fall dürft ihr lachen oder sonstige Geräusche machen, denn ich werde in sie eindringen, wenn sie schläft, und sie könnte von eurem Gelächter aufwachen! Das wäre mein sicheres Ende!«

Und tatsächlich lag Hine-nui-te-po da und schlief, als Maui und seine Begleiter bei ihr ankamen, und ihre Beine lagen weit auseinander.

Maui verlor nun keine Zeit: Er trat zur Seite, und legte seine Kleidung ab. Die Haut an seinen Hüften und Schenkeln schimmerte so wunderschön wie die Haut einer Makrele; das waren die Tätowierungen, die ihm mit dem Meißel von Uetonga in die Haut geritzt worden waren! Den magischen Kieferknochen fest in seiner Hand, versuchte er sich nun in vielen Verwandlungen, doch keine schien ihm und seinen Begleitern der Aufgabe, die vor ihm lag, angemessen.

Schließlich verwandelte er sich in eine Eidechse, und als alle damit zufrieden waren, begann er, zwischen die Beine der Hine-nui-te-po zu kriechen und in sie einzudringen. Derweil versuchten die Vögel, Mauis Anweisungen zu folgen und nicht zu lachen, obwohl ihnen das bei Mauis Anblick, der mit ungeübten Bewegungen in Hine hineinschlüpfte, wahrlich nicht leicht fiel.

Doch oh weh! Der kleine Tiwakawaka konnte nicht länger an sich halten und platzte los, als Maui gerade mit dem Kopf in Hine eingedrungen war, sein Hinterteil aber noch immer nach draußen ragte!

Und da konnten sich auch die anderen Vögel nicht länger beherrschen und fingen zu lachen an!

Mit einem Male erwachte Hine-nui-te-po, und als sie sah, was vor sich ging, zerquetschte sie Maui zwischen ihren Schenkeln.

So fand Maui, der sich allzu weit hervorgewagt hatte, den Tod.  - Märchen aus Neuseeland. Überlieferungen der Maori. Hg. und Übs. Erika Jakubassa. Köln 1985 (Diederichs, Die Märchen der Weltliteratur)

 

Mut

 

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