Sich verschließen  Durch den Rauch hindurch fragt mich die Witwe: »Sag mal, hast du eigentlich keine Angst?«

»Du meinst, vor den Russen?«

»(a, schon. Ich meine, wegen Anatol. So ein vollgefressener, bulliger Kerl.«

»Och, der frißt mir aus der Hand.«

»Und macht dir ein Kind dazu«, sagt die Witwe und stochert in ihrem Herdfeuer.

Ach so! Ja, das hängt über uns allen. Bis jetzt hab ich mir aber deswegen die geringsten Sorgen gemacht. Wieso eigentlich? Ich versuche es der Witwe zu erklären. Da ist so ein Sprichwort, das ich mal gehört habe: »Auf viel begangenem Wege wächst kein Gras.« Und, da die Witwe diesen Satz für diesen Fall nicht gelten läßt: »Ich weiß nicht, ich hab ein sicheres Gefühl, als könnte mir dies nicht zustoßen. Als wenn ich mich, ganz körperlich gesprochen, dabei verschließen könnte, gegen dies äußerst Unerwünschte zusperren.«  - Anonyma, Eine Frau in Berlin. Tagebuch-Aufzeichnungen vom 20. April bis 22. Juni 1945. Berlin  2005 (zuerst 1954)

 

Verschlossenheit

 

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