Sich bürsten   Olimpiero Fragile wäre nicht häßlich, wenn er nicht so grün aussähe: bei ihm ist das Chlorophyll a stärker als das Chlorophyll b, daher tendiert Olimpiero mehr nach Blaugrün als nach Gelbgrün, mit einem Hauch von Violettgrün in den Haaren und den Wimpern; die Augen sind fast schwarzgrün, blicken aber leider in verschiedene Richtungen; nichtsdestoweniger sind sie sehr ausdrucksvoll, und vor allem, wenn er wütend ist, rollen sie in dem rötlichen Weißgelb der Augenhöhlen mit umwerfender Wirkung. Seine Farbe gleicht sich der Umgebung an, denn Olimpiero lebt im Grünen: er bestellt einen Garten auf der Spitze eines ganz von Abgründen umgebenen Hügels, und weil der Zugang zu seinem Tun und Treiben so schwierig ist, hat sich so etwas wie ein Nimbus um ihn gebildet: zu jeder beliebigen Tageszeit kann man aus der Ferne, vom Tal aus sehen, wie er große Haufen trockener Zweige hin und her schleppt oder Heilkräuter für die Kaninchen oder gar Dünger, wer weiß wohin. Wer in seine Nähe gekommen ist, berichtet, daß ein höchst angenehmer Geruch nach Fichtenharz, Eukalyptus oder Lorbeer, je nachdem was für ein Tag es ist, von ihm ausgeht. Er kauft nie etwas, nicht einmal ein Stück Brot, er scheint glücklicherweise in der Lage zu sein, die Energie des Lichts in chemische Energie umzuwandeln, wie die Pflanzen; und zu diesem Zweck läuft er nackt oder fast nackt herum, um sich besser dem Licht auszusetzen. Auch der Körper ist mit grünen Haaren bedeckt, um die Lichtintensität zu steigern. Man erzählt sich, daß beide Geschlechter in ihm vereint sind, was ihn zur Selbstbefriedigung treibt: er hat ein männliches und ein weibliches Geschlechtsorgan, und so ist es verständlich, daß er immer dort oben auf seinem Felsen bleibt und sich nachts selbst bürstet, wie man im Dorf sagt.    - (bdm)
 

Bürste

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