eitenhöhlchen  Das Seitenhöhlchen ist Bezeichnung für die Wunde, die ein Kriegsknecht Jesu nach der Kreuzabnahme beibrachte. Zinzendorf hatte den nur aus schwerster sexueller Neurose zu erklärenden grotesken Einfall diesen Akt als einen Geburtsvorgang (Geburt der Kirche Christi) und die Seitenwunde als weibliches Geschlechtsorgan aufzufassen, und zwar letzteres in der doppelten Bedeutung als Geburts- und als Wollustorgan. Im weiteren Verfolg dieses mystischen Unsinns ergab sich die Anschauung, daß das Kind Christi, die Kirche, zugleich seine Braut sei (richtiger müßte es heißen: sein Bräutigam, aber das hätte ebenso der traditionellen religiösen Terminologie wie der offenbar im Grunde homosexuell orientierten Triebrichtung Zinzendorfs widersprochen) und daß diese Brautschaft auch für jede Einzelseele, unbeschadet, ob Mann oder Weib, Gültigkeit habe. Damit war das Seitenhöhlchen zum Sexualziel und zur kultischen Wollustquelle erklärt und man feierte auf dieser Grundlage in der Phantasie die verwegensten Orgien. Man »kriecht in das Seitenhöhlchen hinein«, »wühlt sich hinein«, »beleckt es«, »frißt sich ein«, wird zum »Wundenbienelein«, »Wundentäucherlein«, »Blutwundenfischlein«. Viele der Seitenhöhlchendichtungen (man sang sie beim Gottesdienst) sind geradezu als ein in Worte gefaßter Orgasmus zu bezeichnen, andere sind handfeste Spießererotik; ein Vers beginnt mit den Worten:

»Ach Höhligen von dem Speer,
Halt schon dein Mäulgen her,
Geküßt, geküßt muß seyn ...«

 - (erot)

 

Höhle

 

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