Seeleute   Bisweilen wachte ich um Mitternacht wieder auf, halb erstickt von dem Dunst all dieses atmenden Menschenfleisches, das sich in wilden Träumen wälzte und die Decken abstrampelte. Die Lampe leuchtete auf die plumpen Körper in grauen Wollhemden herab. Die Russen mit ihren paar langen Barthaaren sahen wie schlafende Seehunde aus, und ihre dicken, nackten Füße glichen Flossen.

Aus jeder Koje vernahm man Stöhnen und halbe Worte; die Neger lagen da und fletschten ihre weißen Zähne und sprachen laut, nannten einen Namen und bliesen ihre schwarzen Wangen auf.

Aus der Koje des jüngeren Holländers vernahm man unter glucksendem Lachen denselben Namen, und dazwischen Schnarchen und kurzes, lautes Wimmern - den Namen der Schiffersfrau. Alle beschäftigten sich mit ihr, diese liederlichen Tiere sprachen sogar von ihr, wenn sie im Schlaf lagen, jeder in seiner Sprache. Sie lagen da in schnarchendem Schlaf mit geschlossenen Augen und murmelten die schamlosesten Worte und lächelten und streckten die Zunge heraus. Nur van Tatzel schlief ruhig, gesund und friedlich, wie ein sprachloses Tier.

Der scharfe Kajütendunst, der Tabaksrauch, der Geruch nach schwitzenden Menschen und nach der Fischladung vermengte sich zu einem schweren, drückenden Nebel, der sich auf meine Augen legte, so bald ich sie öffnete. Und ich schlief wieder ein, und eine ungeheuer große Blume saß auf mir wie ein Alp und legte sich auf mich und saugte mich in ihre nassen Blätter ein, erstickte mich, ruhig und sicher, leise und still. Und ich wußte nichts mehr von der Welt.  - Knut Hamsun, Auf den Bänken bei Neufundland. Sämtliche Romane und Erzählungen Bd. 5. München 1977

 

Schiff

 

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Seemann