eelen, hungrige Ich muß euch sagen, dieser Akulenzame aß ungeheuerlich. Trotz seiner kleinen Gestalt war, was zehn Menschen wie du und ich in zehn Tagen essen, für ihn kaum einen Tag genug. Wohin tat er denn diese Menge Speisen? Ihr glaubt, in seinen Mund. O nein, er steckte sie in seinen Sack, den er immer mit sich herumtrug. Seine Mutter machte ein Bündel, kyo, kyo, war es schon im Sack, ein anderes, kyo, kyo, war es schon im Sack, und so immer. Sobald ein Bündel bereitet war, Öffnete sich der Sack, und wenn das Zeug darin steckte, forderte Akulenzame so eindringlich, machte solchen Lärm und drohte so schlimm, daß seine Mutter eilte, auf die Felder zu laufen und wieder zurückzukommen, von der Last ganz gebückt, um wieder neue Bündel zu bereiten. Die arme Frau ging richtig ein. Sie wurde mager und magerer, und ihre Brüste hingen wie leere Schläuche; es war wirklich eine schreckliche Sache, Akulenzame zum Sohn zu haben, einen solchen Vielfraß.
Eines Tages begegnete Akulenzame auf seinen Gängen einem rotgeschminkten Mädchen, mit Ketten und Perlen geziert. Er traf sie am Fluß, wo sie mit Sand ihre Kupferketten putzte. Sofort beschloß er, sie zu heiraten. Das war die Tochter eines großen Häuptlings.
Dieser Akulenzame hatte zwei eigentümliche Gewohnheiten. Zunächst den Sack,
der ihm über die Schultern hing, ließ er um nichts in der Welt; nicht bei Tag,
nicht bei Nacht. Niemals hängte er ihn an einen Haken, niemals erlaubte er einem
Menschen, wer es auch sei, ihn zu öffnen oder auch nur ein Auge hineinzutun.
»Eki«, sagte er, »das ist verboten, das ist heilig.« Noch eine andere Gewohnheit
hatte er. Wenn in dem Dorf oder in dem Nachbardorf jemand starb, ein junger
Mensch, der als Krieger oder Jäger berühmt war, eine junge Frau, die wegen ihres
Fleißes oder ihrer Körperkraft bekannt war, versäumte Akulenzame niemals, sich
in die Hütte zu begeben, der Trauerfeier beizuwohnen und den Totentanz
zu begehen. Warum er dies tat, wußte niemand, und er hütete sich, es zu sagen.
Grund war: er hatte von seinem Vater, dem Waldgeist, gelernt, sich der Seelen
der Toten zu bemächtigen. Wenn eine Seele den Körper verließ, lief Akulenzame
herbei, und wahrend die Seele unsichtbar den Körper umlief, den sie soeben verlassen,
und noch ungeschickt war, sich der wiedergewonnenen Freiheit zu bedienen, fing
Akulenzame sie ein und setzte sie rasch und :ief in den Sack; denn sie vermochte
nicht zu entkommen, da sie durch die Kraft des Fetischs gebunden war. Hierzu
bedurfte Akulenzame so vieler Bündel, er mußte die Seelen gut nähren. - Afrikanische Märchen
und Legenden. Hg. Carl Einstein. Berlin 1980 (zuerst 1925)
|
||
|
|
|