Seele, weite  Julie brachte sie ihre größte Liebe entgegen; sie tat wie ein wahrer Galan alle Erfahrenheit von sich, hielt sie auf den Knien und log ihr dieses und jenes vor, in der Weisheit ruhend, daß Realismus keine Nahrung für Kinder ist. Sie erzählte von ihrer Jugend und wie es mit ihr als Mädchen gewesen und nicht gewesen war, denn wäre Julie erst ein Weib, würde das Porträt genügend wirklich in den wahren Farben bestehen, die sie ihm gegeben hatte, denn Sophia wußte und ertrug dies Wissen tapferen Herzens, daß eines Tages, da sie nur noch Staub wäre, die Wahrheit an Julie herantreten würde, und sie sagte sich: »Was ich ihr lügenhafterweise erzähle, wird auch bestehen, und die Wahrheit um so hübscher«, und so geschah es.

Denn Sophia hielt es für eine irrtümliche Vorstellung, daß eine aufgedeckte Lüge bei der Aufdeckung ihren Zweck auslöscht. »Mag sie die Wahrheit denn wissen«, sagte sie sich, »das Ding, als das ich erschien, wird das Konto ausgleichen.« Und es glich es tatsächlich aus, denn im späteren Leben hielt Julie die Lügen ihrer Großmutter für die besten einer weiten Seele.  - (ryder)

 

Seele

 

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