chwellung Es
begann nicht wie im Orient damit, daß allen Opfern als ein Zeichen des unausbleiblichen
Todes das Blut aus der Nase rann, sondern kündigte sich hier bei Männern und
Frauen gleicherweise in der Leistengegend oder unter den Achseln mit gewissen
Schwellungen an, die - bei einigen mehr, bei anderen weniger - bis zur Größe
eines Apfels oder eines Eies anwuchsen und vom Volke „Pestbeulen" genannt
wurden. Von diesen beiden Körperteilen aus begannen die todbringenden Pestbeulen
in Kürze auf alle anderen überzugreifen und sich auszubreiten. Später zeigte
die Krankheit veränderte Anzeichen, es erschienen schwarze und schwarzblaue
Flecke, die sich bei vielen Menschen an den Armen, auf
den Rippen und an verschiedenen anderen Körperteilen zeigten und bei manchen
größer und spärlich, bei anderen dagegen kleiner und zahlreich auftraten. Und
wie anfänglich nur die Pestbeule das unfehlbare Anzeichen des sicheren Todes
gewesen war und es auch weiterhin blieb, so waren es nunmehr auch die kleinen
Flecke für jeden, den sie befielen.
- Das Dekameron des Giovanni Boccaccio, Berlin und Weimar 1975 (zuerst um 1350)
Schwellung (2) Ich habe immer
schändliche Vorliebe für die blasse Jugend der Internate und für die
bleichsüchtigen Kinder der Manufakturen empfunden! Meine Worte sind
keine Nachklänge eines Traumes, und ich hätte zu viele Erinnerungen zu
entwirren, wenn ich gezwungen wäre, an euren Augen die Ereignisse
vorüberziehen zu lassen, die mit ihrem Zeugnis die Wahrheit meiner
schmerzlichen Behauptung bestätigen könnten. Die menschliche
Gerechtigkeit hat mich noch nicht auf frischer Tat ertappt, trotz der
unbestreitbaren Geschicklichkeit ihrer Agenten. Ich habe sogar (es ist
noch nicht lange her!) einen Päderasten ermordet, der sich meiner
Leidenschaft nicht genügend fügte; ich habe seinen Leichnam in einen
verlassenen Brunnen geworfen und man hat keine bestimmten Beweise gegen
mich. Warum zittert ihr vor Angst, ihr Jünglinge, die ihr mich lest?
Glaubt ihr, daß ich an euch ebenso handeln mochte? Da zeigt ihr euch
höchst ungerecht... Ihr habt recht: - traut mir nicht, besonders, wenn
ihr schön seid. Meine Schamteile
bieten ewig den grausigen Anblick der Schwellung; niemand kann
behaupten (und wie viele haben sich ihnen nicht genähert!), sie im
Zustand normaler Ruhe gesehen zu haben, nicht einmal der Schuhputzer,
der mir in einem Anfall von Tobsucht dort einen Messerstich versetzte.
Der Undankbare! Zweimal wöchentlich wechsle ich die Kleidung, aber die
Reinlichkeit ist nicht das Hauptmotiv meines Entschlusses. Wenn ich
nicht so handelte, würden die Mitglieder der Menschheit in wenigen Tagen
ununterbrochener Kämpfe verschwinden. Tatsächlich belästigen sie mich
unausgesetzt mit ihrer Gegenwart, wo immer ich mich befinde und belecken
das Äußere meiner Füße. Welche Macht besitzen denn nur die Tropfen
meines Samens, um alles anzuziehen, was durch Geruchsnerven atmet! Sie
kommen von den Ufern des Amazonas, sie durchqueren die Täler, die der
Ganges umspült, sie verlassen das Moos der Polargegenden und unternehmen
lange Reisen auf der Suche nach mir, und fragen die unbeweglichen
Städte, ob sie nicht jenen an ihren Festungsmauern vorüberziehen sahen,
dessen heiliger Samen die Berge, die Seen, die Steppen, die Wälder, die Vorgebirge und die Weite der Meere mit seinem Duft
erfüllt! Die Verzweiflung, mir nicht begegnen zu können (ich verberge
mich heimlich an unerreichbarsten Orten, um ihre Glut zu schüren),
treibt sie zu höchst bedauerlichen Taten. Dreihunderttausend auf jeder
Seite stellen sich in Front, und das Gebrüll der Kanonen dient der
Schlacht als Präludium. Alle Flügel zugleich setzen sich in Bewegung wie
ein einziger Krieger. Vierecke bilden sich und fallen sofort, um nicht
mehr aufzustehen. Die wild gewordenen Pferde entfliehen nach allen
Richtungen. Die Kugeln durchpflügen den Erdboden wie unerbittliche
Meteore. Wenn die Nacht ihre Gegenwart offenbart und der stille Mond aus
den Fetzen einer Wolke hervortritt, ist der Kampfplatz nur noch ein
riesiges Schlachtfeld. Die dunstige Sichel dieses Gestirns, die mit dein
Finger auf ein mehrere Meilen großes, mit Leichen bedecktes Gebiet
weist, befiehlt mir, einen Augenblick die verderblichen Folgen als
Gegenstand nachdenklicher Betrachtungen zu wählen, die der unerklärliche
Zauber des Talismans, den die Vorsehung mir gewährte, nach sich zieht.
Wie viele Jahrhunderte aber sind leider noch nötig, bevor die
menschliche Rasse durch meine perfide Falle vollständig untergeht! So
benutzt ein geschickter Geist ohne viel Aufhebens zu machen, gerade die
Mittel, die auf den ersten Blick ein unüberwindliches Hindernis zur
Erreichung seines Zieles zu sein scheinen. Immer erhebt sich meine
Intelligenz zu dieser imposanten Frage, und ihr selbst könnt bezeugen,
daß es mir nicht mehr möglich ist, bei dem bescheidenen Thema zu
bleiben, das zu behandeln ich zu Anfang beabsichtigte. Ein letztes
Wort... es war eine Winternacht. Während der Nordwind durch die Tannen
brauste, öffnete der Schöpfer seine Pforte inmitten der Finsternis und ließ einen Päderasten herein. - (mal)
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