chweineschulter Dieses
Jahr stand ich in einem dörflichen Fleischerladen, bei uns draußen, der Fleischer
bedeutete mir immer wieder, ich solle warten, ich solle warten, bis ich der
letzte sei. Dann sagte er: Kommen Sie mit. Sie sind doch Schriftsteller? Und
ich sagte ja. Mit einer Kinnbewegung. Auf dem Arbeitstisch, wo die vom Schlachthof
angelieferten Stücke zerteilt wurden, lagen drei Schweineschultern, der Fleischer
wies darauf und sagte: Was stellen die im Schlachthof
bloß mit den Schweinen an? Er gab mir seine Brille, und ich sah, daß die drei
Schultergelenke zertrümmert waren, mit kräftigen Hieben zerschmettert: riesige
Blutergüsse irn Fleisch, Knochensplitter ... Eine Schande ist das! rief der
Fleischer. Eine Schande für die ganze Welt! Sie sind Schriftsteller, Sie müssen
das sehen, wissen! Damit warf er eine aufgeschlagene, blutgetränkte Zeitung,
ein Wochenblatt, auf den blutigen Tresen. Dann nahm er die Brille, setzte sie
sich auf und las mir die eine und die andere Stelle vor: Unter viereinhalb
Millionen Schlachtschweinen werden sechsundfünfzigtausend aus Angst noch in
den Waggons vom Schlag getroffen, da, bitteschön, das Bild. Hier! Bei Öffnung
eines Waggons mit Schlachtfohlen wurden zwei Fohlen erstickt aufgefunden. Ein
anderer Waggon: Ein Pony, das nicht zur Schlachtbank wollte, ihm schnitt der
Viehtreiber zuächst die Zunge heraus, und als sich das Pferd immer noch sträubte,
schlachtete er es im Waggon. Hier das Bild. Ein anderer Transport... nach dem
Öffnen, zwei entwöhnte Kälber, Babys, erstickt. Hier ist ein Bild vom Schlachthof,
wo man die Ferkel gleich aus dem Waggon in einen schrägen Stahltunnel treibt,
durch den die Ferkel in den Keller fallen, wo sie im Schock, mit kaputten Füßen,
getötet werden. Ich weiß, wozu Schweine imstande sind! Da, sehen Sie! Er streckte
den Arm aus und zeigte auf eine vernarbte Wunde am Daumenballen. Das hier, das
überdauert alles! Und bei uns? In Kladno gibt es noch keine Schlachtlinie, wo
die Kühe zuerst in Gruppen zu sechst mit Strom betäubt werden. Also werden sie
geschlagen. Ein Kamerad hat mir erzählt, als er die sechzehnte Kuh schlug, da
ist die erste, die er betäubt hat, wieder aufgestanden, weil der Mann, der sie
schlachten sollte, einen Moment weg war, um Kaffee zu trinken. - Bohumil Hrabal, Die Katze Autitschko. Nach:
B. H., Leben ohne Smoking. Frankfurt
am Main 1993 (BS 1124, zuerst 1986)
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