chweinerei  Sie sagte: »Ich bin allen Männern, die ich einmal geliebt habe, Freund geblieben!«, und ich dachte sogleich: »Nun, mit mir soll es diese Schweinerei nicht geben!« - (han)

Schweinerei (2)

ANNA HÄLT BEI PAULE LEICHENWACHE

Paule war gestorben
Und Anna saß dabei
Und das ganze Leben war ihr verdorben
Durch diese verfluchte Schweinerei.

Natürlich wurde es auch noch dazu Nacht
Der Mond war auch nicht zu vermeiden
Anna hätte das nicht von Paule gedacht
Sie war immer die vertrauensselige von beiden.

Es hatte sich natürlich gerächt
Wie alles im Leben
Und Paule hatte es ihr gegeben
Das war wieder von Paule echt!

Natürlich konnte er jetzt wieder nichts dafür!
Aber für was hatte Paule je etwas gekonnt?
So einer lebt ja für sich hin wie ein Tier!
Was morgen war, das ging schon über seinen Horizont!

Jetzt verzog er sich hinter seiner Leichenstarre
Beim Sichdrücken, da hatte er immer Talent!
Arme Anna! Gegen Morgen, bei einer billigen Zigarre
Gab sie für ihr Leben nicht mehr einen Cent! 

 - (breg)

Schweinerei (3) Aus einem Tanzlokal, an dem ich vorüberkam, scholl mir, heiß und roh wie der Dampf von rohem Fleisch, eine heftige Jazzmusik entgegen. Ich blieb einen Augenblick stehen; immer hatte diese Art von Musik, so sehr ich sie verabscheute, einen heimlichen Reiz für mich. Jazz war mir zuwider, aber sie war mir zehnmal lieber als alle akademische Musik von heute, sie traf mit ihrer frohen rohen Wildheit auch bei mir tief in die Triebwelt und atmete eine naive redliche Sinnlichkeit.

Ich stand einen Augenblick schnuppernd, roch an der blutigen grellen Musik, witterte böse und lüstern die Atmosphäre dieser Säle. Die eine Hälfte dieser Musik, die lyrische, war schmalzig, überzuckert und troff von Sentimentalität, die andre Hälfte war wild, launisch und kraftvoll, und doch gingen beide Hälften naiv und friedlich zusammen und gaben ein Ganzes. Untergangsmusik war es, im Rom der letzten Kaiser mußte es ähnliche Musik gegeben haben. Natürlich war sie, mit Bach und Mozart und wirklicher Musik verglichen, eine Schweinerei - aber das war all unsre Kunst, all unser Denken, all unsre Scheinkultur, sobald man sie mit wirklicher Kultur verglich. Und diese Musik hatte den Vorzug einer großen Aufrichtigkeit, einer liebenswerten unverlogenen Negerhaftigkeit und einer frohen, kindlichen Laune. Sie hatte etwas vom Neger und etwas vom Amerikaner, der uns Europäern in all seiner Stärke so knabenhaft frisch und kindlich erscheint.   - Hermann Hesse, Der Steppenwolf. München 1963 (dtv 147, zuerst 1927)

Schweinerei (4)  Der menschliche Kot wurde vom Patienten zu onanistischen Zwecken verwendet, und zwar direkt als Gleitmittel, quasi als Seifenersatz. In der die Onanie begleitenden Phantasie sah Patient eine Anzahl von fetten Schweinen, die er untereinander sexuellen Verkehr ausüben ließ und denen er dann, als »Höhepunkt«, das Fett »abzapfte«, worauf sich der Orgasmus einstellte.  - (erot)

Schweinerei (5) Schlottrig, wie der Vater war, schien er noch mehr zu schlottern, sooft er die tiefen Felstrichter in dem Berg erwähnte, auf deren Grund auch im Sommer der Schnee lag. Er hatte viel Angst gehabt, doch seine Hauptangst war es gewesen, und war es auch jetzt noch, er könnte einen Menschen getötet haben. Seine zahlreichen Wunden, am Schienbein, am Schenkel, an der Schulter, zeigte er voll Gleichmut — nur wenn die Rede, immer wieder, auf jenen Italiener kam, auf den er einmal, auf Geheiß, angelegt hatte, verlor er die Fassung. »Ich habe über ihn hinweggezielt«, sagte der Vater, »aber auf meinen Schuß hin ist er in die Höhe gesprungen, so, mit ausgestreckten Armen, und dann habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Diesen einen Moment erzählte er mit geweiteten Augen wieder und wieder; denn der andre sprang auch nach dreißig, vierzig, fünfzig Jahren immerzu in die Luft, und es würde nie sicher sein können, ob er sich danach in seinen Graben fallen ließ oder kopfüber hineinstürzte. »Schweinerei!« sagte er und wiederholte den Fluch auf slowenisch, »Svinjerija!«, so als sei diese Sprache doch der bessere Ausdruck seiner Wut auf die Geschichte, die Welt und das Erdendasein. - Peter Handke, Die Wiederholung. Frankfurt am Main 1992 (zuerst 1986)

Schweinerei (6)

- N. N.

Schweinerei (7) Das Fernsehen interessierte ihn weniger. Er verfolgte jedoch mit klopfendem Herzen die wöchentliche Sendung Das Leben der Tiere. Die Gazellen und die Damhirsche, anmutige Säugetiere, verbrachten ihre Tage in Angst und Schrecken. Die Löwen und die Panther lebten in einem Zustand stumpfsinniger Lethargie, der durch momentane Ausbrüche von Grausamkeit unterbrochen wurde. Sie töteten, zerfleischten und verschlangen die schwächsten Tiere, die alt oder krank waren; dann verfielen sie wieder in einen Dämmerzustand, der nur durch die Angriffe der Parasiten belebt wurde, die sie von innen verschlangen. Manche Parasiten wurden selbst von noch kleineren Parasiten angegriffen; und letztere waren ihrerseits ein fruchtbarer Nährboden für die Viren. Die Echsen und Schlangen glitten zwischen den Bäumen hindurch und bohrten ihre Giftzähne in Vögel und Säugetiere; es sei denn, sie wurden plötzlich vom Schnabel eines Raubvogels zerstückelt. Claude Dargets dümmliche, theatralische Stimme kommentierte diese furchtbaren Bilder mit einem Ausdruck nicht zu rechtfertigender Bewunderung. Michel bebte vor Empörung und spürte auch dabei, wie in ihm eine unerschütterliche Überzeugung heranreifte: Im ganzen gesehen war die ungezähmte Natur nichts anderes als eine ekelhafte Schweinerei; im ganzen gesehen rechtfertigte die ungezähmte Natur eine totale Zerstörung, einen universellen Holocaust - und die Aufgabe des Menschen auf der Erde bestand vermutlich darin, diesen Holocaust durchzuführen. - Michel Houellebecq, Elementarteilchen. München 2001 (zuerst 1998)

Schwein
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