Man nehme: einen halben Schweinekopf samt Ohr und Fettbacke, lasse
die halbierte Schnauze, den Ohransatz, die Hirnschale und das
Jochbein anhacken, lege alles mit zwei gespaltenen Spitzbeinen, denen
zuvor die blaue Schlachthofmarkierung entfernt werden sollte, mit
nelkengespickter Zwiebel, großem Lorbeerblatt, mit einer Kinderhand
Senfkörner und einem gestrichenen Suppenlöffel mittlere Wut in
kochendes Salzwasser, wobei darauf zu achten ist, daß in geräumigem
Topf alle Teile knapp mit Wasser bedeckt sind, und der Ohrlappen,
weil er sonst ansetzt, nicht flach auf den Topfboden gedrückt
wird.
Fünf viertel Stunden lasse man kochen,
wobei es ratsam ist, nach dem ersten Aufkochen mit der Schaumkelle die
sämigen, braungrauen Absonderungen der inneren Schnauzenteile,
sowie der Ohrmuschel und der halbierten leeren Hirnschale abzuschöpfen,
damit wir zu einer klaren, wenn auch geschmacksärmeren Sülze
kommen, zumal sich die rasch zum Protest gerinnende Wut,
wie jede ohnmächtige, also eiweißhaltige Leidenschaft, wenn
sie nicht rasch gleichmäßig unterrührt wird, gern in weißen
Partikeln dem Schaum mitteilt.
Inzwischen wiege man vier Zwiebeln und zwei geschälte und
vom Gehäuse befreite Äpfel möglichst
klein, schneide zwei Salzgurken, - niemals Dill-, Senf- oder
Delikateßgurken, - zu winzigen Würfeln, zerstoße in Gedanken
wie im Mörser eine gefüllte Sdilüsselbeinkuhle schwarzen Pfeffer und
lasse die restliche Wut mit beigelegter Ingwerwurzel und wenig
geriebener Zitronenschale auf kleiner Flamme ohnmächtig ziehen.
Sobald, - nach einer Stichprobe in die
Fettbacke, - das Kopffleisch weich ist, die Backenzähne im
Zahnbett gelockert sind, aber noch haften, und sich die besonders
geleespendenden Hautteile vom Ohr und an den Spalträndem der
beigelegten Spitzbeine zu lösen beginnen, nehme man alle Teile, sowie
die nelkengespickte Zwiebel und das Lorbeerblatt aus dem Topf, suche
mit der Schaumkelle den Topfboden nach Knochensplittern und
den sich leicht lösenden Vorderzähnen, sowie nach dem kiesig
knirschenden Sand der Ohrmuschel ab und lasse, während der Sud auf
kleingestelltem Feuer weiterziehen solitc, alles auf einer Platte, möglichst
bei offenem Küchenfenster und verengten Pupillen, abkühlen.
Jetzt gilt es, die Weichteile der Schnauze, die Fettbacke
samt eingebettetem Auge und das darunter gelagerte Fleisch von
den Knochen zu lösen.
Es sei angeraten, auf weiche bis
schnittfeste Knorpelteile, sowie auf den gallertartigen Ohrbelag, der
sich mit dem Messerrücken leichthin vom eigentlichen Ohrlappen
schaben läßt, nicht zu verzichten weil gerade diese Teile, desgleichen
das lamellenförmige Zahnfleisch und der hornige, zur Speise-
und Luftröhre leitende Zungenansatz, unserer Sülze den speziellen und
leidenschaftlichen Sülzgeschmack geben.
Auch scheue man sich nicht, die während der Arbeit immer
wieder rasch von einem Geleefilm überzogenen Hände über
dem dampfenden Sud abtropfen zu lassen, weil so der Prozeß des
natürlichen Gelierens abermals unterstützt wird; denn unsere
Schweinekopfsülze soll ganz aus sich und mitgeteilter Wut, also
ohne Macht und Gelatinepapier steif werden.
Alsdann würfle man das von den Knochen
gelöste Fett und Fleisch, desgleichen die Knorpel und Weichteile,
lege sie mit den gewiegten Zwiebeln und Äpfeln, den winziggewürfelten
Gurken, dem gestoßenen Schwarzpfeffer und einem satten Griff
Kapern in den Sud.
Mit, - nach Geschmack, - löffelweis unterrührtem Estragonessig,
- es wird empfohlen, kräftig zu säuern, weil Essig kalt
gerne nachgibt, - lasse man alles noch einmal aufkochen, gebe
jetzt erst, nach wenig Bedenken, die mittlerweile auf
kleiner Flamme schön eingedickte Wut ohne die ausgelaugte
Ingwerwurzel bei und fülle alsdann eine zuvor mit kaltem
Wasser geschwenkte Steingutschüssel.
Diese stelle man an einen kühlen, wenn
möglich zugigen Ort und lade sich für den nächsten Abend freundliche
Gäste ins Haus, die eine hausgemachte Schweinekopfsülze zu
schätzen wissen.
Sparsamer Nachsatz: Wer ungern etwas verkommen läßt, der
lasse Großknorpel und Knochen, sowie die gespaltenen Spitzbeine
noch einmal auskochen, verfeinere mit Majoran, Mohrrüben,
Sellerie, gebe, falls immer noch restliche Wut im Hause, eine
Messerspitze dazu und gewinne so eine schmackhafte Suppe, die,
wenn man Wruken, Graupen, sonstige Kümmernisse oder geschälte
Erbsen beilegt, kinderreichen Familien ein zwar einfaches, aber
nahrhaftes Essen zu ersetzen vermag.
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