chwein,
warmes
Die Sonne stand noch am Himmel, aber es dämmerte schon, trotzdem fror
ich jetzt weniger, wahrscheinlich weil ich mich so kräftig bewegte. Da war ich
also und ging dahin, und es waren wieder mehr Autos unterwegs, als mir auffiel,
daß mitten in einem Feld überhaupt kein Schnee lag. Da wollte ich wissen, was
es damit auf sich hatte. Ich überquerte eine Brücke, betrat den Hof eines Hauses
und ging dann quer durch die Felder. Und als ich zur Stelle kam, wo kein Schnee
war, sah ich, daß mitten im Gras ein Schwein lag, das mich anschaute. Es war
weder ein Mastschwein noch ein Wildschwein, sondern ein ganz normales Hausschwein,
das mich aus seinen Äuglein ansah, ohne daß ich verstehen konnte, was es sagen
wollte. Bei Tieren kann man sich manchmal leicht irren. Man erwartet sich etwas,
und sie tun etwas ganz anderes. Also blieb ich stehen, um es mir anzusehen,
und versuchte mir vorzustellen, was es wohl gerade tun könnte. Es sah nicht
müde aus und schien auch nicht seinem Ende nahe zu sein. Es sah mich ein wenig
schief an, von unten nach oben, als wollte es mir etwas sagen. Aber ich begriff
nicht. Es atmete, und wie, ohne auch nur ein einziges Mal zu grunzen. Wie es
so dalag und alle viere von sich streckte, kam es mir vor wie ein Freund oder
ein geistiges Wesen. Inzwischen war mir aber noch etwas aufgefallen, das vielleicht
erklären konnte, warum gerade an dieser Stelle der Schnee fehlte. Es war folgendes:
Allmählich fühlte ich unter meinen Füßen eine angenehme Wärme, die durch die
Schuhsohlen drang, und irgendwann bückte ich mich sogar, um das Gras mit den
Händen zu berühren, da überkam mich ein Gefühl von plötzlicher Wärme. Seltsam,
dachte ich. Aber vielleicht hatte sich das Schwein gerade aus diesem Grund dort
hingekauert. Die Sache machte mir aber wieder Sorgen. Also ging ich zum nächsten
Haus und rief mit lauter Stimme, um zu sehen, ob jemand da war. Kurz daraufkam
eine Frau heraus, und ich sagte zu ihr: ›Entschuldigen Sie, gehört Ihnen das
Schwein da drüben?‹ Sie sah mich leicht verwundert an und sagte dann: ›Ein
Schwein?‹ Da zeigte ich ihr den grünen Platz mitten im Schnee, und sie machte
mit der Hand sofort eine Geste, als wollte sie sagen, daß sie verärgert war.
Während wir auf das Feld zurückkehrten, erzählte sie mir, daß es in San Martino
ein Schwein gab, das in alle Bauernhäuser lief und so lange störte, bis man
es wegjagte. Als wir den Hof verließen, nahm die Frau einen Knüppel in die Hand
und verpaßte dem Schwein auf der Stelle einen Hieb, so daß es sofort mit einem
ohrenbetäubenden Schrei davonlief. - Daniele
Benati, Der Bocciaspieler, in: Italia fantastica! Berlin 1997 (WAT 280)
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