Schulterreiter  Meinen Schulterreiter sieht niemand. Er hat knochenlose schlangenartige Beine und zieht sie um meinen Hals zusammen, wenn ich etwas tue, was er nicht will. Deshalb gehe ich nie ins Theater.

Es klingelte eines Tages und er lag vor der Tür. Heb mich auf, jammerte er, und flugs, man könnte sagen jach, saß er auf meiner Schulter, als ich mich bückte.

In Tausendundeiner Nacht ist ein Verfahren angegeben, wie man Schulterreiter loswerden kann. Man betrinkt sich und macht ihn neidisch, er will auch trinken, dann wirft man ihn ab. Aber wir sind beide zu Säufern geworden ohne daß er den muskulösen Druck um meinen Hals gelockert hätte. Wir singen zusammen und haben den gleichen cafard. Oh schnöde Welt, sagt er und zieht die Beine noch fester an. Wenn du mich fallen läßt, kriegst du Atemnot, ich kenne deine alten Tricks.

Er behauptet, er hieße Nathanael, und hat mir das Du angeboten. Aber ich rede ihn mit Er an, wie der alte Fritz seinen Müller. Will er nicht absteigen, ich muß jetzt durch lauter niedrige Türen. Aber er kichert bloß, Türen machen ihm nichts. Renne ich gegen Mauern, tue ich mir nur selber weh. Gut zureden nützt nichts, er hat kein moralisches Empfinden. Zweimal zwei ist fünf, sagt er, wenn er mir im Büro über die Schulter sieht, und bringt mich in Verlegenheit. Ich muß alles falsch machen, sonst würgt er mich.  - (eich)

 

Schulter Reiter

 

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