Schulmeister Cassianus war Schulmeister der norditalienischen Stadt Imola und weigerte sich, im Unterricht die römischen Götter zu verehren. Da er jedoch das Christentum lehrte, wurde er zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde von seinen wütenden Schülern ausgeführt (er hat sie oft körperlich gezüchtigt), die ihn mit eisernen Griffeln erstachen

 - Wikipedia, Märtyrerspiegel

Schulmeister (2) Schulmeister (sitzt am Tische und schenkt aus einer großen Flasche sich ein Glas nach dem andren ein). Utile cum dulci, Schnaps mit Zucker! - Es wird heute ein saurer Tag, - ich muß den Bauerjungen die erste Deklination beibringen. Ein Bauerjunge und die erste Deklination! Das kommt mir vor als wenn ein Rabe ein rein Hemd anziehen wollte! (Er blickt durch das Fenster.) Alle Wetter, da kommt der schiefbeinige Tobies mit seinem einfältigen Schlingel! Schwerenot, wo verstecke ich meinen Schnaps? - geschwind, geschwind, ich will ihn in meinen Bauch verbergen! (Er säuft die Bouteille mit einer entsetzlichen Schnelligkeit aus.) Ah, das war ein Schluck, dessen sich selbst Pestalozzi nicht hätte zu schämen brauchen! Die leere Flasche zum Fenster hinaus! - Christian Dietrich Grabbe, Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung

Schulmeister (3)  Der Schulmeister des Dorfes war ein ritterlicher, energischer Mann mit einem glänzenden blauschwarzen Haarschopf. Zusammen mit seiner Kindfrau in einem Holzhaus lebte er am Jade-Fluß.

Er war als Musikologe ausgebildet und zu entlegenen Bergdörfern hinaufgeklettert, um die Volkslieder des Na-Khi-Stamms aufzunehmen. Er glaubte - wie Vico -, daß die ersten Sprachen der Welt gesungen wurden. Die ersten Menschen, sagte er, hätten sprechen gelernt, indem sie die Rufe von Tieren und Vögeln nachahmten, und hätten mit der übrigen Schöpfung in musikalischer Harmonie gelebt.

Sein Zimmer war mit Kuriosa vollgestopft, die - weiß der Himmel wie - die Katastrophen der Kulturrevolution überstanden hatten. Wir saßen auf roten Lackstühlen und knabberten Melonenkeme, während er in Fingerhüte aus weißem Porzellan einen Bergtee eingoß, der »eine Handvoll Schnee« genannt wurde.

Er spielte uns ein Band mit einem Na-Khi-Lied vor, das im Wechselgesang von Männern und Frauen um eine Totenbahre gesungen wurde; Wooo... Siii!... Wooo... Siii! Mit dem Lied sollte der » Totenesser« vertrieben werden, ein bösartiger Dämon mit Reißzähnen, von dem man glaubte, daß er sich von Seelen ernährte.

Wir waren erstaunt, wie gut er sämtliche Mazurkas von Chopin und ein scheinbar unerschöpfliches Beethoven-Repertoire summen konnte. Sein Vater, ein Kaufmann im Karawanenhandel mit Lhasa, hatte ihn in den vierziger Jahren zum Studium der westlichen Musik an die Akademie von Kunming geschickt.

An der Wand im Hintergrund hingen über einer Reproduktion von Claude Lorrains Einschiffung nach Kythera zwei gerahmte Fotos von ihm: auf dem einen saß er in weißem Frack und mit weißer Fliege an einem Konzertflügel, auf dem anderen dirigierte er ein Orchester in einer Straße voll fahnenschwenkender Menschen — eine flotte, energische Gestalt, auf den Zehenspitzen stehend, die Arme nach oben gereckt und den Stock nach unten gestreckt.

»1949«, sagte er. »Beim Empfang der Roten Armee in Kunming.«

»Was haben Sie gespielt?«

»Schuberts ›Militärmarsch‹.«

Dafür — oder vielmehr wegen seiner Verehrung der »westlichen Kultur« — verbrachte er einundzwanzig Jahre im Gefängnis.

Er hielt seine Hände in die Höhe und betrachtete sie traurig, als wären sie seit langem verlorene und wiedergefundene Waisen. Seine Finger waren krumm, und an seinen Handgelenken waren Narben: ein Andenken an den Tag, als die Garden ihn am Dachbalken festbanden — in der Haltung eines Christus am Kreuz... oder eines Mannes, der ein Orchester dirigiert.   - (chatw)

 

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