chnur »Vater, gib mir meine Schnur!«
»Die Schnur habe ich verkauft, denn es wurde mir eine ungeheure Menge Sachen dafür geboten.«
Da weinte Karandaro und machte sich auf den Weg zu dem Weißen. Er fand ihn,
als er gerade zu Pferd gestiegen war und die Schnur in der Hand hatte. Da verwandelte
er sich in ein Krokodil und spazierte in das Innere
des Pferdes. Der Weiße ritt eine ganze Weile, dann kam er an ein großes Wasser.
Nun kam Karandaro aus dem Inneren des Pferdes zum Vorschein, riß dem Weißen
die Schnur aus der Hand und stürzte sich damit ins Wasser. Schnell verwandelte
der Weiße sich in einen großen Fisch, stürzte sich in das Wasser und verfolgte
das Krokodil lange Zeit. Schließlich verwandelte sich das Krokodil in einen
Vogel, der Fisch verwandelte sich ebenfalls in einen Vogel; sie stießen in der
Luft zusammen, fielen zur Erde und unten angekommen, verschwand Karandaro plötzlich
und kehrte nach Hause zurück. - (
afr
)
Schnur (2) Es war ihm
auf einmal so gewesen, als könnte die Alte vielleicht noch leben und noch einmal
zu Bewußtsein kommen. Er ließ Schlüssel und Kommode, lief zu der Toten zurück,
packte das Beil und holte noch einmal gegen sie aus,
aber er schlug nicht zu. Es konnte keinen Zweifel geben, sie war tot. Als er
sich bückte und sie wieder aus der Nähe betrachtete, sah er deutlich, daß der
Schädel zerschmettert und sogar ein wenig seitlich verschoben war. Er wollte
sie mit dem Finger berühren, aber er riß die Hand zurück; es war ja auch so
alles klar. Indessen hatte sich schon eine richtige Blutlache gebildet. Plötzlich
entdeckte er am Hals der Toten eine Schnur und zog daran, aber die Schnur war
fest und riß nicht; zudem war sie ganz von Blut durchtränkt. Er versuchte die
Schnur unter dem Kleid herauszuziehen, aber irgend etwas hatte sich verhängt.
Ungeduldig holte er abermals mit dem Beil aus, um ohne weitere Umstände die
Schnur oben am Körper der Toten zu durchhauen, doch er wagte es nicht. Mit Mühe
zerschnitt er die Schnur, ohne mit dem Beil die Leiche zu berühren, was etwa
zwei Minuten in Anspruch nahm und wobei er Hände und Beil blutig machte, und
zog sie heraus; er hatte sich nicht geirrt: da war ein Geldbeutel. An der Schnur
hingen zwei Kreuze, eines aus Zypressenholz und eines aus Bronze, außerdem ein
kleines emailliertes Heiligenbild und daneben ein verschmiertes Geldbeutelchen
aus Sämisch-leder mit einem Bügel und einem Ring aus Stahl. Der Beutel war ganz
vollgestopft; Raskolnikow steckte ihn in die Tasche, ohne ihn näher zu besehen;
die Kreuze warf er der Alten auf die Brust und eilte in das Schlafzimmer zurück,
wobei er diesmal das Beil mitnahm. - Fjodor M. Dostojewskij, Schuld und Sühne. München 1987
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