chniefen  Die ließ weiter die Feder über das Papier gleiten und benahm sich wie nicht bespäht.

Doch siehe da, nach einigen Minuten begann das Loch in der Tür, das mit meinem Auge auf sie schaute, sie zu bedrücken. Um ihre Unabhängigkeit zu manifestieren und ihre Gleichgültigkeit zu bekunden, schniefte sie laut durch die Nase, zog vulgär und häßlich durch die Nase hoch, als wollte sie sagen: »Schau nur her, das macht mir nichts aus, ich schniefe.« Auf solche Weise zeigen Mädchen ihre größte Verachtung. Darauf hatte ich nur gewartet. Sobald sie den taktischen Fehler begangen hatte, zu schniefen, schniefte ich ebenfalls hinter der Tür, nicht zu laut, aber deutlich, als könne ich mich, von ihrem Geschniefe angesteckt, nicht zurückhalten. Sie machte sich still wie ein Mäuschen - dieser Zwieklang der Nasen war für ein Mädchen unannehmbar —, doch die einmal mobilisierte Nase ließ ihr keine Ruhe; nach kurzem Ringen war sie gezwungen, das Taschentuch hervor­zuholen und sich die Nase zu wischen, und sie zog danach noch in längeren Zeitabständen nervös und unmerklich durch die Nase, worauf ich hinter der Tür ein Mal ums andere replizierte. Ich beglückwünschte mich, daß es mir so leicht gelungen war, die Nase aus ihr hervorzuholen - die Nase des Mädchens war unendlich weniger modern als die Beine des Mädchens, viel leichter zu überwinden. Indem ich ihre Nase hervorholte und akzentuierte, tat ich einen großen Schritt vorwärts. Wenn ich der jungen Jungmann doch einen nervösen Schnupfen anstecken — die Modernität verschnupfen könnte! . . .

Und nach so vielem Schniefen konnte sie ja nicht einfach aufstehen und das Loch mit einem Lappen verhängen; das wäre einem Eingeständnis gleichgekommen, daß sie aus Ner­vosität schniefte. Stille, laßt uns armselig, hoffnungslos schniefen, unsere Hoffnung tarnen! Aber ich hatte die Fähigkeiten und den Witz des jungen Mädchens unterschätzt. Plötzlich, mit einer weiten Bewegung von Ohr zu Ohr, wischte sie sich die Nase - mit dem ganzen Unterarm - und diese Geste, frech, sportlich, schwungvoll und komisch, veränderte die Situation zu ihren Gunsten, verlieh dem Schniefen Reiz.   - (fer)

Schniefen ⁽²⁾