Schnelljustiz  Neben den Fällen von mexikanischem machismo gibt es noch die seltsamsten Beispiele von Schnelljustiz. Daniel, mein Assistent bei Subida al cielo, hat mir die folgende Geschichte erzählt. Einmal geht er am Sonntag mit sieben oder acht anderen Männern auf die Jagd. Mittags machen sie eine Pause, um zu essen. Plötzlich sehen sie sich von bewaffneten und berittenen Männern umgeben, die ihnen ihre Gewehre und ihre Stiefel abnehmen.

Einer der Jäger ist mit einer hochgestellten Persönlichkeit der Gegend befreundet. Sie erzählen ihm den unerfreulichen Vorfall. Die hochgestellte Persönlichkeit stellt noch ein paar Fragen zu den Personen und sagt dann:

„Erweisen Sie mir die Ehre, am nächsten Sonntag auf ein Glas zu mir zu kommen."

Sie gehen am folgenden Sonntag zu ihm, der Mann empfängt sie liebenswürdig und traktiert sie mit Kaffee und Likör, dann bittet er sie ins Nebenzimmer. Da finden sie ihre Stiefel und Gewehre. Die Jäger möchten natürlich wissen, wer die Angreifer waren und ob sie sie sehen können. Der Mann erwidert ihnen lächelnd, daß das die Sache nicht wert sei.

Man hat sie nie wiedergesehen. Auf diese Weise „verschwinden" in Lateinamerika jedes Jahr Tausende von Leuten. Die Liga für Menschenrechte und amnesty international bemühen sich vergeblich. Die Leute verschwinden weiter.

In Mexiko wird ein Mörder nach der Zahl der Leben taxiert, die er „schuldet". Man sagt, er „schuldet" soundso viele Leben. Es hat Mörder gegeben, die hundert Leben „schuldeten".  -  Luis Buñuel, Mein letzter Seufzer. Berlin, Wien, Frankfurt am Main 1985

 

Rechtsprechung Schnelligkeit

 

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