chlange, kranke  Ihre große Schlange, der schwarze Python, kränkelte; und Schlangen waren für die Karthager ein zugleich nationaler und persönlicher Fetisch. Man glaubte, sie entstammten dem Schlamm der Erde, weil sie aus ihren Tiefen auftauchen und nicht der Füße bedürfen, um sie zu durchlaufen; ihre Bewegungen erinnerten an die Krümmungen der Flüsse, ihre Temperatur an den dunklen, klebrigen Urgrund voller Fruchtbarkeit, und der Kreis, den sie beschreiben, wenn sie sich in den Schwanz beißen, an die Gesamtheit der Planeten, den Geist Eschmuns.

Die Schlange Salammbôs hatte schon wiederholt die vier lebendigen Sperlinge, die man ihr jeden Neumond und jeden Vollmond brachte, zurückgewiesen. Ihre schöne Haut, die wie das Firmament mit goldenen Flecken auf schwarzem Grund bedeckt war, erschien jetzt gelb, schlaff, runzlig und zu weit für ihren Körper; ein baumwollartiger Schimmel breitete sich um ihren Kopf aus; und in dem Winkel ihrer Augenlider sah man kleine rote Punkte, die sich zu bewegen schienen. Von Zeit zu Zeit näherte sich Salammbô ihrem Korb von Silberdraht; sie lüftete den Purpurvorhang, die Lotusblätter, die Daunendecke; aber der Python blieb immer in sich zusammengerollt, unbeweglicher als eine welke Liane; und durch das fortwährende Anschauen hatte sie zuletzt die Empfindung, als trage sie in ihrem Herzen etwas wie eine Spirale, wie eine andere Schlange, die ihr allmählich zum Halse emporsteige und sie erwürge. - Gustave Flaubert, Salammbô. Köln 2000 (zuerst 1862)

 

Schlange

 

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