chlafkünstler Im
Kaffeehaus, mitten im lauten Stimmengewirr, bei der strahlendsten Beleuchtung,
trotz der sich drängenden Gäste, braucht ROBERT DESNOS bloß die Augen
zu schließen, und schon schwimmt er ab und redet in Trance; und mitten im Durcheinander
aus Biergläsern, Tellern, Untersätzen, überspült ihn der ganze Ozean mit ahnungsvollem
Tosen, mit Gischt, Dunst und Nebeln, der in zerfetzten Fahnen daherweht. Die
Freunde stellen diesem unwahrscheinlichen Schlafkünstler Suggestivfragen. Und
schieben sie ihn auch nur um Nuancen auf dieses oder jenes Gleis, so ergeht
er sich im Nu schon in Weissagungen, oder schlägt den Ton des Magiers an, gibt
Offenbarungen von sich, predigt die Revolution, redet wie ein Fanatiker, wie
ein Apostel. Verstiege sich DESNOS nur ein bißchen beharrlicher in dieses Außersichsein,
gäbe er, wenn er unter anderen Umständen und in anderen Zeiten lebte, einen
guten Religionsstifter, Städtegründer oder Anführer einer Volkserhebung ab.
- Louis Aragon 1924, nach: Maurice Nadeau, Geschichte des
Surrealismus, Reinbek bei Hamburg 1986 (zuerst 1945, re 437)
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