Schienen  Später habe ich sie Dampfroß genannt, aus dem Grund, weil es angemessen war, von einem bestimmten Moment an. Eigentlich aber haben sie dann alle so genannt, wegen ihres Haars, aber für mich war sie eine Lokomotive, und das Sofa war damals für mich die Schienen.

Erschöpft war ich damals, das kann ich sagen, ich war nahe am Nervenzusammenbruch, und ich mußte fast ein wenig weinen, wenn sie sich auf die Schienen legte und ihr innerer Druck zunahm; ich merkte es genau, und dann fing sie schon an so zu schnauben, das hieß: ›Los, Nestörchen‹, und ich fühlte mich auf der Stelle erschöpft und schwach, auch meiner Konstitution und Abstammung nach, und ich paßte nicht zu ihr; ich war ungeeignet.

Sie hatte ihre Schienen und die führten auf das Sofa, und mir war es immer, als würde ich auf die Lokomotive steigen, und in ihr brannte der Koks wie in einer Art Esse, die sie irgendwo haben mußte, sonst hätte sie nicht so dampfen können. Dann sah ich überhaupt nichts mehr, während sie ihre Dampfsirene pfeifen ließ oder ein Sicherheitsventil oder was weiß ich wegen des Drucks. Ich war eigentlich immer erschöpft, aber ich war in ihrer Hand, und wegen meiner Erschöpfung sah ich nicht mehr gut und hörte nur den Lärm der Schienen und den ganzen Dampf, den sie machte, und wie sie schnaubte, und ich war immer ein armer kleiner erschöpfter Mann, der den Ehemann spielte, so gut er konnte. Und manchmal hätte ich ›Irene‹ zu ihr sagen mögen, aber da war sie schon das Dampfroß geworden, das auf vollen Touren lief, ohne zu hören, mit seinen Ventilen und seinem Dampf und den Waggons hinter sich.    - (mond)

 

Eisenbahn

 

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