chauspielerin  Lieber Gott, der Du in Hollywood doch allmächtig bist und überhaupt in den bessern Vereinigten Staaten, laß mich nicht verkommen als Star nebbich in Dresden, hilf meiner phantastischen Tonfilmbegabung! Hab Mitleid mit mir! Schau: ich spiel immer nur die Passantinnen, verlassenen Gouvernanten, Krankenschwestern und die stupid lächelnde Freundin. Mach Schluß damit, schenk mir zum Geburtstag endlich die Hauptroll, sonst verblöd ich noch ganz prominent. Ich liebte den Geist, ich wär Dynamit: Ich sprengte mich selbst in die Luft; zerrissen bin ich, kann mich nicht mehr erholen. Jung war ich überhaupt ein anständiges Mädchen. Aber mit Seele macht man privat schlechte Geschäfte: davon kriegt man bloß Kinder, Falten und Grauhaar. Ich will nur öffentlich das Körpertier mit Seelenschmalz mästen, ich arme, zweimal geschiedene, zigjährige Witwe — ich will keinen Ehering, sondern Brillantengestirne. Nicht so! Die alten Onkel widern mich an: sie erfüllen all meine Wünsche. Einst wußt ich: Agenten sind faul, Regiebonzen egoistische Trottel, nun weiß ich — auch Mädchenhändler sind Esel. Was sollen mir Männer und Frauen? Zuhälter sind alle, Erpresser, unstillbar hungrige Bettler, wollen nur Macht über mich, Geld oder gepeitscht sein. Mephikles Bschury, mein Regisseur, ist ein Tineff. Alle halten diesen levantinischen Eintänzer für den letzten Dreck. Aber ich brauch den Gigolo — noch! Der Parvenü kostet zuviel. Woher schnell Geld? Meine Liebhaber zögern feig mit der Reklame: sie bringen sich nicht rasch genug um. Das nennen sie auch noch Verehrung und Liebe! Vergebens verleugn ich meine ältesten Freunderln; die Lumpen wollen aus Bosheit, hartherzig justament nicht krepiern! Frech überlebt mich mein schafigster Freund: Baron Cheviot. Der heißt so, weil er ein schäbiger Idiot ist. So darf das nicht weiter! Ohne Palazzo! Lieber Gott, glaub nicht, daß es mir jetzt schon zu gut geht! Schmecks nennt mich die junge Hex mit dem Geldkomplex, aber ich hab nichts. Gewiß: jeder Tepp von der Zeitung, alle Theaterschlieferln schleimen mir enorme Kritiken, apportieren mir blind den Bockmist aller Nationen, mein Kamin stinkt nach verbrannten Liebesbriefkilopaketen! Sie lieben alle Perücken meiner Seele und geben nie Ruh. O, das Telephon mordet mir täglich den Schlaf, meine Geheimnummer ist Poseidon Nullnull, das Theater mordet mir nächtlich den Schlaf, und das ewige Lampenfieber, die Angst vor dem Durchfall und gar vor dem Altern. Parufamet, ich rufe Dich! Zertrümmer meinen lausigen Ford, anstandshalber müßt ich vier Rolls-Royce besitzen, aber wer zahlt das? Darum, lieber Gott, geh in Dich und sei endlich vernünftig! Was soll ich mit tausend Reichsmark im Monat?

Ich brauch Dollarmillionen und Yachten. Der letzte Dreck ist heutzutag Diva, einer jeden gebührt der Iffland-Gummiring. So eine kleine Lustbeamtin heißt Pia van Noutty, heiratet abessinische Prinzen, ist höchstens ein Chamäleon und hält sich für den weiblichen Filmnapoleon. Schau, lieber Gott, ich mein's gut mit meinen Kolleginnen, ich hab Erbarmen mit der schiechen Talentlosigkeit — ich laß ihnen Europa, mehr verdienen sie nicht. Lieber Gott, der Du in Hollywood allmächtig bist und überhaupt in den bessern Vereinigten Staaten, der Du die Paramount Pictures erschufst und Metro-Goldwyn und Reinhardt, wozu hast Du Kolumbus erfunden, wozu hat man ausgerottet die Indianer? Eine wird sein, die wird das alles ersetzen, wenn sie endlich in Hollywood landet!  - Albert Ehrenstein, GESCHREI DER TONFILMDIVA OLIVA VAN ZAEHLENDORFF,  nach  A.E.: Gedichte und Prosa. Neuwied u.a. 1961

Schauspielerin (2)  Die Priesterinnen der Thalia sind längst bekannt als die wahren Priesterinnen der Venus, die ihnen auch besseres Brot gibt. Solche Theaterprinzessinnen wechseln die Liebhaber wie Hemden, und eine solche Theaterprinzessin, die unter Räuber fiel und von ihnen auch geschändet wurde, erwiderte auf die Frage: „Aber was sagten Sie denn während dieser traurigen Vorgänge?" - „Nichts als - mein lieber Räuber." - (kjw)

Schauspielerin (3)  »Ich habe mit solcher Ausdauer geprobt«, sinnierte Lady Lynn, das Kinn in die Hand gestützt, »daß ich vor mich hin rede, wenn ich die Straße überquere. Eines Tages hat mich ein Polizist darauf angesprochen. Er sagte: ›Lady, Sie haben Geld auf der Bank!‹ Ich war verwirrt. Ich fragte mich: ›Sollte ich einem gemütskranken Mitglied der Ordnungskräfte begegnet sein?‹ Doch wollte ich in strengem Ton wissen: ›Woher wissen Sie das?‹ Er antwortete: ›Daher, daß Sie laut mit sich selber gesprochen haben, und jeder, der laut mit sich redet, wenn er allein ist, hat Geld auf der Bank.‹«

»Würden Sie weiter auftreten, wenn Lord Alfred in eine bessere Welt abberufen würde? Würde Lord Alfred seine Laufbahn fortsetzen, wenn Sie nur noch Staub wären?«

Lady Lynn zeichnete ihren Mund nach, der eine hervorragende Grundlage für jegliches leuchtende Rot abgibt. »Sollte ich für immer hinter den Kulissen verschwinden, würde mein Lord Alfred wahrscheinlich mausetot aufgefunden, vielleicht aber auch nicht. Doch zum Teufel mit derlei Erwägungen! Was haben Sie nur für einen Hang zum Grauenhaften! Mein Lord und ich sind lebendig und zusammen, und wir streben nach perfekter Schauspielkunst.«

Danach erkundigten wir uns denn auch.

»Ich hätte gern«, sagte Lady Lynn und drehte ihre Locken auf die Brennschere, »daß ich, ehe ich sterbe, eine wüste moyen âge-Herzogin spielen könnte. Ein Stück voller Liebe und Donnergrollen und Blut. Ein Stück voll Witz und Weisheit. Ein Stück über einen so deftigen Stoff, daß Alfred darin nicht vergessen müßte, daß wir verheiratet sind. Ein Stück, worin man sich ungestraft daran erinnern dürfte, ein Stück, das unseren Status bereichern könnte. Ein Stück, in dem wir beide spielen können, was wir sind und was wir sein könnten - also ein ganz haarsträubendes Vehikel!«

»Ich verlange nicht mehr, als dein Schrei um Gnade zu sein!« rief Lord Alfred, der gerade hereingeschritten kam. »Demnächst, mein Mädchen, wirst du ein adliges Flittchen sein und ich dein Scharlatan!«  - (barn)

 

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